Ansicht der Milchstraße im infraroten Licht, aufgenommen von WISE.
Copyright: NOAO/AURA/NSF/AIP/A. Kunder
Potsdam (Deutschland) – Im Zentrum unserer Milchstraße haben Astrophysiker eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Der zentrale Bereich der Milchstraße beheimatet eine sehr alte Generation von Sternen, die völlig andere Bewegungsmuster aufweisen als die übrigen, jüngeren Sterne. Diese so genannten RR Lyrae Sterne sind demnach über 10 Milliarden Jahre alt und ihre abweichenden Umlaufbahnen belegen, dass sie einen anderen und älteren Ursprung haben müssen als die übrigen Sterne im Kern.
Wie das Team unter der Leitung von Dr. Andrea Kunder vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) aktuell im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“ (DOI: xxx) berichtet, können aus den Untersuchungen Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte des Kerns der Milchstraße gezogen werden.
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In ihrer Arbeit ist es den Wissenschaftlern erstmals gelungen, zwei Komponenten des Kerns der Milchstraße – eine sehr alte sowie die dominierende, jüngere Komponente von Sternen im Zentrum der Galaxie – kinematisch voneinander zu trennen.
„Dafür nahmen die Astronomen zunächst zu verschiedenen Zeitpunkten über gut zwei Jahre Beobachtungsdaten von etwa 1.000 RR Lyrae Sternen auf. Für die Beobachtung nutzten sie den AAOmega-Spektrographen des Anglo Australian Teleskops im australischen Siding Spring“, erläutert due AIP-Pressemitteilung. „RR Lyrae Sterne ändern ihre Lichtintensität etwa einmal pro Tag, was ihre Vermessung schwieriger macht als die von nicht-variablen Sternen. Ihr Vorteil ist, dass sie als sogenannte Standardkerzen dienen, mit denen Entfernungen präzise bestimmt werden können. Auch kommen sie nur in Sternpopulationen vor, die älter als 10 Milliarden Jahre sind, wie beispielsweise in alten Kugelsternhaufen. Das Team beobachtete für die aktuelle Studie simultan hunderte von Sternen in Richtung der Konstellation Schütze.“
In einem nächsten Schritt untersuchten die Forscher die Geschwindigkeiten und chemische Zusammensetzung der beobachteten RR Lyrae Sterne. „So wie das heutige London oder Paris auf den Überresten alter Bauwerke aufgebaut ist, so hat auch die Milchstraße eine lange Entstehungsgeschichte, die zahlreiche Sterngenerationen umfasst.“
Da schwerere Elemente wie Metalle erst in Sternen gebildet werden, sind junge Sterne deutlich reicher an Metall als ältere. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die ältesten Objekte der Milchstraße metallarme Sterne sind. Während bislang angenommen wurde, dass sich in den zentralen Regionen unserer Heimatgalaxie – dem sogenannten „Bar“ – vor allem metallreiche – also jüngere – Sterne mit einem ähnlich hohem Metallgehalt wie dem unserer Sonne finden, die das galaktische Zentrum alle in etwa der gleichen Richtung umkreisen, stellten die Wissenschaftler nun zu ihrer eigenen Überraschung fest, dass die RR Lyrae Sterne von diesem Muster abweichen:
„Anstelle der erwarteten Umlaufbahnen, zeigen sie zufällig verteilte Bewegungen, die nahe legen, dass die Sterne ursprünglich weit außerhalb dieses Bereichs, also zeitlich noch vor der Entstehung des „Bar“ geboren wurden.“
„Wir waren davon ausgegangen, dass diese Sterne ebenso rotieren wie die übrigen Sterne im Zentrum“ so Kunder. Ko-Autor Juntai Shen vom Shanghai Astronomical Observatory ergänzt: „Nur ein Prozent der Gesamtmasse des ‚Bar‘ wird durch die RR Lyrae Sterne gebildet. Allerdings scheinen diese extrem alten Sterne, die wahrscheinlich die ersten Bausteine der Milchstraße waren, einen völlig anderen Ursprung zu haben als alle übrigen Sterne des Zentralbereichs.“
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