Berlin (Deutschland) – Der jährlich am 29. Oktober stattfindende Welt-Schlaganfall-Tag steht im Zeichen der Risikoreduktion durch Prävention. Mit dem Aktionstag soll das öffentliche Bewusstsein für das Thema geschärft sowie über die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten eines Schlaganfalls informiert werden. Eine Studie aus Großbritannien untersuchte nun den Zusammenhang zwischen Ernährung und Herz- und Gefäßerkrankungen und zeigt: Vegetarier erlitten weniger ischämische Herzerkrankungen, aber die Rate an hämorrhagischen Schlaganfällen war (leicht) erhöht. Der Nutzen der vegetarischen Kost im Hinblick auf ischämische Ereignisse überwog indes dieses Risiko.
– Bei der folgenden Meldung handelt es sich um eine Pressmitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
In Deutschland erleidet alle zwei Minuten ein Mensch einen Schlaganfall. Dabei kommt es zu einem „schlagartig“ einsetzenden Funktionsausfall des Gehirns. In mehr als Dreiviertel der Fälle handelt es sich um einen Hirninfarkt oder auch ischämischen Schlaganfall (Ischämie = Minderdurchblutung oder ein vollständiger Durchblutungsausfall) aufgrund der Verstopfung eines der hirnversorgenden Gefäße durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Oder es kommt zu einer Einblutung in das Hirngewebe (sogenannter hämorrhagischen Schlaganfall; Hämorrhagie = Austreten von Blut aus dem Blutkreislauf) nach Platzen eines Gefäßes im Gehirn. Typisches Warnsymptom vor einem Schlaganfall ist eine transitorische ischämische Attacke (TIA) mit vorübergehenden neurologischen Störungen oder Sehstörungen.
Die Folgen sind in vielen Fällen gravierend und das Leben der Betroffenen und ihrer Familien verändert sich von einem auf den anderen Tag. Zudem sind Schlaganfälle die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für körperliche Langzeitbeeinträchtigungen im Erwachsenenalter. Umso ermutigender sind neueste Ergebnisse aus der Schlaganfallforschung, die zeigen, dass sich die Todesrate und die Schwere der Behinderungen nach überstandenem Schlaganfall weiter reduzieren lassen.
Ist es zu einem Schlaganfall gekommen, kann nach der gesicherten medizinischen Erkenntnis „Time is Brain“ rasches und richtiges Handeln Gehirnzellen und damit Leben und Lebensqualität retten. Durch einen schnellen Transport in eine Klinik mit einer spezialisierten Schlaganfallstation (Stroke Unit), möglichst in der sogenannten „Golden Hour“, der ersten Stunde nach Auftreten der Symptome, besteht die Chance, dass neurologische Ausfälle weitgehend oder sogar vollständig erfolgreich behandelt und die ausgefallenen Funktionen wiederhergestellt werden können.
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Wichtig ist, die Blutversorgung unverzüglich wiederherzustellen, indem das Gerinnsel entfernt oder aufgelöst wird. Dafür stehen die medikamentöse Thrombusauflösung (Lysetherapie) und bei größeren Blutgerinnseln die interventionelle Thrombektomie zur Verfügung. Bei der intravenösen Lysetherapie werden verschiedener Medikamente infundiert, die das für die Blutgerinnung verantwortliche Eiweiß Fibrin zersetzen. Bei der Thrombektomie handelt es sich um eine mechanische Rekanalisation, der Blutpfropf wird per Kathetereingriff aus dem verstopften Blutgefäß entfernt.
Bisher galt, dass die Thrombolyse innerhalb von 4,5 Stunden erfolgen muss, um ein gutes klinisches Ergebnis zu erzielen. Mehrere Studien aus jüngster Vergangenheit, u. a. die EXTEND-Studie, die WAKE UP-Studie und die Metaanalyse aus den drei Studien EXTEND, ECASS4-Extend und EPITHET, konnten nun zeigen, dass für Patienten mit bestimmten Voraussetzungen, d. h. mit einem günstigen Befundmuster rettbaren Gewebes in der Bildgebung (CT oder MRT) , das Zeitfenster länger ist als bisher angenommen und bis zu neun Stunden nach dem Schlaganfall durchaus Chancen bestehen, schwere Folgeschäden für den Patienten zu verhindern. Eine Behandlungsoption, die auch in einem Zeitfenster von sechs bis 24 Stunden nach dem Eintreten, durchgeführt werden kann, ist die interventionelle Thrombektomie. Eine deutsche industrieunabhängige Register-Studie zeigte, dass mit dieser Methode die Durchblutung bei 83 % der Patienten wiederhergestellt werden konnte.
„Dennoch gilt weiter die Regel `Time is Brain´ – keinesfalls soll der Eindruck entstehen, dass man sich nun mehr Zeit lassen darf. Patienten mit Schlaganfall müssen schnellstmöglich versorgt werden“, appelliert Professor Dr. med. Martin Dichgans, München, 2. Vorsitzender der Deutschen Schlaganfallgesellschaft.
Oberste Priorität hat jedoch nach wie vor die Prävention, damit es erst gar nicht zu einem Schlaganfall kommt.
Durch Fleischverzicht das Risiko für ischämische Herz- und Gefäßerkrankungen senken
Neben ausreichend Bewegung ist eine gesunde Kost eine wichtige Präventionsmaßnahme, um das Schlaganfallrisiko zu senken. Eine Studie, die im Sommer in „The BMJ“ (ehemals British Medical Journal) publiziert wurde, untersuchte den Einfluss einer fleischfreien Kost auf das Risiko für ischämische Herzerkrankungen. Insgesamt wurden 48.188 Menschen ohne bekannte kardiovaskuläre Vorerkrankungen in drei Gruppen eingeteilt – in „Fleischesser“ (n= 24.428), „Fischesser“ (n=7506) und Vegetarier (n=16.254) und über einen medianen Zeitraum von über 18 Jahren beobachtet. Nach Adjustierung verschiedener sozioökonomischer und Lifestyle-Faktoren zeigte sich, dass „Fischesser“ ein um 13% (HR 0,87), Vegetarier sogar ein um 22% reduziertes Risiko für ischämische Herzerkrankungen aufwiesen. Die Schlaganfallrate der Vegetarier war allerdings insgesamt leicht höher, vor allem, weil mehr hämorrhagische Schlaganfälle (Hirnblutungen) auftraten. „Der Nutzen der vegetarischen Kost im Hinblick auf ischämische Ereignisse überwog aber ganz klar das erhöhte Risiko für Hirnblutungen“ so die Einschätzung von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN.
Zum Thema
„Bekannt ist, dass ein hoher Fleischkonsum nicht zuträglich für die Gesundheit, insbesondere die Gefäßgesundheit ist, außerdem auch die Umwelt belastet. Aber ein Schlaganfall wird meistens durch mehrere Risikofaktoren ausgelöst: Wer viel am Schreibtisch sitzt, sich wenig bewegt und womöglich auch noch raucht oder viel Stress hat, hat ein deutlich höheres Schlaganfallrisiko“, erklärt Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Häufig ist also ein ganzes Bündel an Risikofaktoren, die sich im Laufe des Lebens entwickeln, Ursache für einen Schlaganfall. Deshalb gilt es, durch Vorbeugung das Gesamtrisiko zu senken. Insbesondere mehr Bewegung und bewusstere Ernährung, Stressabbau sowie Nikotin- und Alkoholverzicht sind die aussichtsreichsten Maßnahmen, um über eine Änderung des Lebensstils einen Hirninfarkt zu vermeiden. Ein erhöhter Blutdruck muss konsequent behandelt werden und beim Vorhofflimmern, einer häufigen Form des Herzstolperns, können Schlaganfälle durch eine rechtzeitige Blutverdünnung verhindert werden.
Quelle/Copyright: dgn.org