Wahrscheinlichstes Suchfenster für außerirdische Zivilisationen identifiziert
Sonnenfinsternis: Kommt es zu einem Erdtransit vor der Sonne, blockiert die Erde einen Teil des Lichts unseres Tagesgestirns (Illu.). Mögliche Beobachter außerhalb des Planetensystems könnten die dabei entstehende Verdunklung nutzen, um die Erde zu erforschen. Mithilfe dieser Transitmethode haben irdische Astronomen den Großteil der mehr als 2000 bisher bekannten Exoplaneten entdeckt
Copyright: NASA/Komposition: Axel Quetz
Göttingen (Deutschland) – Astronomen haben die Perspektive unserer Suche nach fremden Planeten umgedreht und unsere eigenen Suchprinzipien auf die Erde angewandt. Dabei haben sie jenen Himmelsausschnitt beschrieben, innerhalb dessen sie die Entdeckung außerirdischer Zivilisationen für am wahrscheinlichsten halten. Innerhalb dieser Region haben die Astronomen bislang 82 Sterne ausfindig gemacht, von deren Planeten aus außerirdische Astronomen den Erdtransit beobachten und so bereits festgestellt haben könnten, dass es uns gibt.
Wie René Heller und Ralph E. Pudritz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und von der kanadischen McMaster University aktuell im Fachjournal „Astrobiology“ (DOI: 10.1089/ast.2015.1358) berichten, handelt es sich bei diesem Suchfenster, der sogenannnten Transitzone der Erde um jenen Bereich des Himmels, in dem etwaige ferne Beobachter unseres Sonnensystems den jährlichen Durchgang der Erde vor der Sonne – den sogenannten Erd-Transit – beobachten können.
„Angenommen, außerirdische Beobachter nutzen den Erdtransit vor der Sonne zur Erforschung unseres Planeten aus der Ferne. Aus welchem Bereich am Himmel müssten sie das Sonnensystem dann sehen?“, so die grundlegende Frage der beiden Forscher.
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Die Untersuchung der beiden Astronomen berücksichtigt damit zum ersten Mal die nötige Dauer des Erdtransits zur Analyse der irdischen Atmosphäre. „Denn nur während eines ausreichend lange andauernden Transits sei eine Charakterisierung unserer Atmosphäre – und somit die Detektion von Leben – möglich“, erläutert die Pressemitteilung der Max-Planck-Instituts und führt weiter aus: „Außerdem schätzen die Wissenschaftler mithilfe eines Modells unserer Milchstraße zum ersten Mal ab, wie viele Sterne über die wenigen uns bekannten hinaus tatsächlich in diesem Himmelsareal vorhanden sein müssten.“
Zunächst identifizierten Heller und Pudritz jenen Teil des Firmaments, von dem aus gesehen die Erdtransits weniger als einen halben Sonnenradius vom Zentrum der Sonne erscheinen. Die Planetensysteme, von denen aus sich dieser Anblick bietet, befinden sich in einem schmalen Streifen am Himmel, der einer Projektion unserer Sonnenumlaufbahn auf die Sphäre entspricht. Die Fläche dieses Streifens beträgt nur etwa zwei Tausendstel des gesamten Firmaments. (s.Abb.u.)
„Der Kern unserer Strategie liegt darin, dass sie den Suchbereich auf einen sehr kleinen Teil des Himmels eingrenzt. So könnten wir bereits innerhalb der Zeitspanne eines Menschenlebens herausfinden, ob es außerirdische Astronomen gibt, die uns sehen können und somit vielleicht versuchen, uns zu kontaktieren“, erläutert Heller. Zudem würde die gezielte Suche eine enorme Reduzierung der zu analysierenden Datenmenge bedeuten.
Da eine möglichst lange Lebensdauer des Muttergestirns als Voraussetzung für die Entwicklung höheren und intelligenten Lebens auf einem Planeten betrachtet wird, haben die Forscher eine Liste von Sternen erstellt, die sich einerseits im richtigen Bereich des Himmels befinden und andererseits aufgrund ihres langen Lebens besonders gute Aussichten auf Erfolg bieten. Das Ergebnis: Insgesamt 82 Sterne erfüllen diese Kriterien.
Die Abbildung verdeutlicht die Transitzone, in der ein ferner Beobachter sehen würde, wie die Erde vor der Sonne vorüberzieht.
Copyright: Axel Quetz (MPIA) / Axel Mellinger, Central Michigan University
Jetzt schlagen die Autoren vor, dass genau diese fernen Sterne bei zukünftigen Initiativen zur Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for ExtraTerrestrial Intelligence, SETI) die höchste Priorität erhalten.
„Allerdings kennen Astronomen bisher noch lange nicht alle Sterne unserer Milchstraße. Je weiter ein Stern entfernt ist, desto schwächer erscheint er uns. Und gerade die kleinen, besonders langlebigen Sterne sind an sich extrem leuchtschwach.“
Um in einem nächsten Schritt abzuschätzen, wie viele Sterne sich über die 82 bekannten hinaus tatsächlich im bevorzugten Bereich des Himmels befinden müssten, projizierten René Heller und Ralph Pudritz den betreffenden Himmelsbereich auf ein Modell für die Sterndichte unserer Galaxis: „Demnach könnten etwa 100.000 Sterne in Sonnennähe Planeten mit Bewohnern beherbergen, die uns entdeckt haben und versuchen, in Kontakt mit uns zu treten.“
Ein Teil dieser Planeten könnte sogar mit der für das Jahr 2024 geplanten PLATO-Weltraummission der europäischen Raumfahrtagentur ESA entdeckt werden, an der auch René Heller mitwirkt. PLATO soll die Transitmethode verwenden, um unter anderem erdähnliche Planeten um ferne Sterne zu finden.
„PLATO wird womöglich Transits von extrasolaren Planeten beobachten, von denen aus wiederum die Transits der Erde vor der Sonne sichtbar sind. Damit ergäbe sich die erstaunliche Möglichkeit, dass zwei weit voneinander entfernte intelligente Spezies ihre Planeten gegenseitig mit der Transitmethode erforschen könnten”, sagt Heller abschließend.
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