Waren Anzeichen für aktuell abfließendes Wasser auf dem Mars ein Messfehler?

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Dunkle „Abflussrinnen“ am Rand des Mars-Kraters Horowitz.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/Univ. of Arizona

Pasadena (USA) – 2015 berichteten US-Forscher über Beweise für heute noch sporadisch von Kraterhängen in Rinnsalen herabfließendes Wasser auf dem Mars. Eine erneute Analyse der damaligen Messdaten lässt andere Wissenschaftler an der damaligen, auch von der NASA gestützten, Interpretation zweifeln. Die Autoren sprechen sogar von Messfehlern.

Wie das Team um E. K. Leask von der Division of Geological and Planetary Sciences am California Institute of Technology (Caltech) aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2018GL080077) berichtet, wurden sie auf den „Fehler“ aufmerksam, als sie anhand der Daten der infrarotspektrografischen Messungen des „Mars Recconnaissance Orbiters“ (MRO) der NASA oberflächliche Vorkommen von Chloratsalzen fanden.

Zuvor hatten Forscher um Lujendra Ojha vom Georgia Institute of Technology 2015 auf der NASA-Pressekonferenz und im Fachjournal “Nature Geoscience” (DOI: 10.1038/ngeo2546) berichtet, mit dem Spektrometer an Bord des Orbiters die Signaturen von Mineralhydraten entlang jener Kraterwandhänge gefunden zu haben, auf denen sie schon zuvor die stets in den Sommermonaten bei Temperaturen von über minus 23 Grad Celsius wiederkehrenden und im Winter wieder zurückweichenden fingerartigen dunklen Streifen entdeckt hatten (…GreWi berichtete). Diese Mineralien – die Forscher um Ojha vermuteten entsprechende Perchlorate – bestätigen, dass die Abflussrinnen tatsächlich von flüssigem Wasser, konkret von salzhaltigem Wasser, erzeugt werden, welches offenbar im Marsuntergrund aus Eis geschmolzen, an den Kraterwänden an die Oberfläche tritt und diese hinablaufe.

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Da das Team um Leask nun in den Daten auf immer wieder die gleichen Verteilungsmuster stießen, untersuchten sie, ob die Chloratvorkommen auch an geologisch sinnvollen Stellen liegen. Entsprechend seltene Minerale wurden bislang eher an einzelnen Stellen vermutet und entdeckt und eben nicht mehr oder weniger gleich und weit verbreitet.

Ein Abgleich mit den Daten der Mars-Rover „Opportunity“ und „Curiosity“ zeigte, dass die MRO-Daten zwar die Mineralien anzeigte, vor Ort (also am Boden) aber keine entsprechenden Mineralien gefunden werden konnten.

Als Leask und Kollegen dann auch noch Chlorat-Signaturen in den Sand-Dünen und frischen CO2-Lagern auf dem Mars entdeckten, war klar, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Statt von Vorkommen von aktuellem fließendem Wasser an nahezu unmöglichen Stellen, gingen die Forscher fortan von einem Problem mit den Messdaten aus.

Tatsächlich stießen die Forscher dann auch bei der Analyse der Daten auf einen bislang unentdeckten Fehler in den Pixelmessungen des Spektrographen bei einer Wellenlänge von 2,1 Mikrometern und damit genau in jenem Absorptionsbereich von Chloraten, wie er von der aktiven Fehlerkorrektur-Software nicht erkannt worden war. Angezeigt wurden also sozusagen Chlorat-Phantome und keine wirklichen Messungen. Ebenso stellten sich zuvor gemessene Sepentinit-Vorkommen als Fehlmessungen heraus. Während allerdings die Daten zu hydrisierten Sulfaten und Alunit robust waren, stellten sich praktisch alle Funde von Perchloraten und Chloraten in den spektrographischen Aufnahmen der Oberfläche des Mars hingegen als Messfehler heraus.

Laut den Autoren erweisen sich denn auch die damit verbundenen Beweise für von den Kraterhängen oberflächlich abfließende Wasserrinnsale als Messfehler.

Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung war noch keine Reaktion von Seiten der ursprünglichen Autoren um Ojha (der sich derzeit auf Forschungsreise im Himalaya befindet) oder der NASA bekannt.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
NASA bestätigt: Auch heute noch fließt Wasser auf dem Mars 29. September 2015
GreWi-Interview: Mars-Wasser-Endecker Lujendra Ojha über mögliche Rinnsale flüssigen Wassers in der Nähe des Mars-Rovers “Curiosity” 13. November 2015

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