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Warum Fremde Schmerzen lindern

Symbolbild.
Copyright: moreharmony / gemeinfrei

Würzburg (Deutschland) – Werden wir von anderen Menschen schmerzlindernd behandelt, löst dies in unserem Gehirn einen Lerneffekt aus, der die Schmerzen reduziert. Diese Schmerzlinderung ist umso stärker, wenn die Hilfe von einem Fremden geleistet wird, von einer Person, die einer anderen Gruppe angehört als wir selbst. Warum das so ist, zeigt nun eine aktuelle Studie.

Wie das Team um Grit Hein vom Universitätsklinikums Würzburg gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Amsterdam und Zürich aktuell im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society of London B: Biological Sciences“ (DOI: 10.1098/rspb.2018.0501) berichtet, hängen Schmerz und Psyche eng zusammen und soziale Faktoren spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie Menschen Schmerzen empfinden.

Das überraschende Ergebnis: „Wenn die Studienteilnehmer von einer Person Hilfe bekamen, die ihnen fremd war, empfanden sie den Schmerz deutlich geringer, verglichen mit den Teilnehmern, die Schmerzlinderung von Menschen aus der gleichen sozialen Gruppe erhielten“, berichtet die Pressemitteilung der Universität Würzburg.

„Wir haben in unserer Studie einerseits subjektive Schmerzurteile und andererseits die Gehirnaktivierungen in bestimmten Arealen bei Teilnehmern vor und nach einer Schmerzbehandlung gemessen“, schildert Hein.

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Hierzu erhielten die Probanden Stromschläge am Handrücken, die sie als schmerzhaft beurteilten, und mussten dann deren Intensität bewerten. Währenddessen lagen sie in einem funktionellen Magnetresonanz-Tomographen, der die Gehirnaktivität maß.

Um den Effekt der Gruppenzugehörigkeit auf das Schmerzempfinden zu untersuchen, teilten die Wissenschaftler die Studienteilnehmer – 40 Schweizer Männer – in zwei Gruppen auf: „Eine Gruppe erhielt Schmerzlinderung von Personen, die derselben Nationalität wie die Probanden und damit deren Gruppe angehören. Die andere Gruppe wurde von Personen einer anderen Nationalität behandelt, die sie als «fremd» eingeschätzten: Menschen aus einem der Balkanländer.“

Das Ergebnis: „Vor der Behandlung waren die Schmerzantworten der Teilnehmer beider Gruppen ähnlich stark. Nach der Behandlung durch den aus ihrer Sicht ‚Fremden‘ berichteten die Teilnehmer dieser Gruppe hingegen über weniger Schmerzen verglichen mit der anderen Gruppe. Dieser Effekt beschränkte sich nicht nur auf das subjektive Empfinden, denn auch die schmerzbezogene Hirnaktivierung war verringert.

Der für Laien vielleicht überraschende Befund stimmt allerdings mit einer zentralen Aussage aus der Lerntheorie überein. Diese besagt, dass Menschen dann besonders gut lernen, wenn die Ergebnisse ganz anders ausfallen, als sie das erwartet haben. „Vorhersagefehler-Lernen“ wird dieser Effekt in der Psychologie genannt. Die Überraschung trägt dann dazu bei, dass sich die neue Erfahrung, das neue Wissen besser im Gehirn „verankert“.

Auf das Schmerzexperiment bezogen, bedeutet dies: „Die Studienteilnehmer, die schmerzlindernde Maßnahmen von einem Fremden erhielten, hatten nicht damit gerechnet, dass sie von diesem tatsächlich effektive Hilfe bekommen würden“, erklärt Neurowissenschaftler Philippe Tobler von der Universität Zürich. „Und je weniger die Teilnehmer positive Erfahrungen erwartet hatten, desto grösser war ihre Überraschung, als der Schmerz tatsächlich nachließ – und umso stärker war die Reduktion ihrer Schmerzreaktionen.“

Trotz der nicht besonders großen Zahl von Studienteilnehmern, sind die Wissenschaftler um Grit Hein von ihren Ergebnissen überzeugt und erklären dazu abschließend. „Die Befunde decken sich auf mehreren Ebenen – von der Bewertung der Patienten über die neuronale Antwort im Gehirn bis zur Stärke der Schmerzlinderung.“ Allerdings handele es sich um eine erste Studie auf diesem Gebiet, die nun auch außerhalb des Labors getestet werden müsse. Die Ergebnisse dürften für die Klinik relevant sein, in der eine Behandlung durch Pflegekräfte und Ärzte aus anderen Kulturen heute üblich ist.

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Andreas Müller
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(Kornkreisforscher)

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