Die Verteilung von Wasserstoff und –Eiskonzentrationen (blau) unterhalb der Ceres-Oberfläche.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI
Pasadena (USA) – Auf den ersten Blick erscheint Ceres, der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, nicht sehr eisig und eher trocken. Selbst die bekannten hellen Flecken im Innern des Occator-Kraters bestehen vielmehr aus stark reflektiven Salzen, denn aus Wassereis. Jetzt aber haben Wissenschaftler anhand neuster Daten der Sonde „Dawn“ Beweise für Wassereis nicht nur in immerdunklen Kratern sondern auch große Eisvorkommen im Untergrund des Zwergplaneten entdeckt.
Wie die Forscher um Carol Raymond vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA auf dem Jahrestreffen aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.aah6765) berichten, stützen ihre aktuellen Ergebnisse die Vorstellung, dass sich das Wassereis schon in den frühen Jahren des Zwergplaneten vom Gestein getrennt und eine Schicht innerhalb der planetaren Kruste nahe der Oberfläche gebildet hat.
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Der Nachweis von Wassereis auf Planetenkörpern ist für die Forscher deshalb von großer Bedeutung, da Wasser die Grundlage des bekannten Lebens ist: „Durch die Entdeckung wasserreicher alter Körper (im Sonnensystem) finden wir immer mehr Hinweise darauf, wo es im Sonnensystem Leben gegeben haben könnte“, so Raymond.
Die oberste Schicht der Ceres-Oberfläche ist demnach reich an Wasserstoff, mit höheren Konzentrationen in den mittleren bis höheren Breitengraden – und dieser Verteilung folgen auch die Wassereisvorkommen.
„Auf Ceres beschränkt sich das Eis aber nicht nur auf das Innere einiger weniger, immerdunkler Krater – es ist geradezu überall und in den höheren Breitengraden deutlich näher an der Oberfläche“, erläutert der Hauptuntersucher der Dawn-Mission Thomas Prettyman vom Planetary Science Institute (PSI).
Statt jedoch eine feste und durchgehende Eisschicht zu bilden, handelt es sich auf Ceres wohl eher um ein poröses Gemisch aus unterschiedlichen Gesteinen, deren Poren mit Wassereis gefüllt sind. Die Messungen zeigen, dass dieses Gemisch zu rund 10 Prozent aus Eis besteht.
„Dieses Ergebnis bestätigt frühere Vorhersagen, wonach Wassereis Milliarden von Jahren unterhalb der Ceres-Oberfläche überdauern konnte“, so Prettyman. „Und dieser Umstand legt wiederum nahe, dass es Wassereis unter der Oberfläche auch anderer großer Körper im Asteroidengürtel gibt.“
Hinzu offenbaren die Daten der Sonde Konzentrationen von Wasserstoff, Kalium und Kohlenstoff weitere Belege dafür, dass die oberste Schicht des Materials, das die Oberfläche von Ceres bedeckt, einst von flüssigem Wasser aus dem Planeteninneren verändert wurde. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Zerfall von radioaktiven Elementen im Innern von Ceres einst genügend Wärme erzeugt hatte, um diesen Prozess zu befeuern, innerhalb dessen der Zwergplanet in eine felsige innere und eine eisige äußere Schale unterteilt wurde. Die Trennung von Eis und Fels würde dann aber auch zu Unterschieden in der chemischen Zusammensetzung zwischen der Ceres-Oberfläche und dem Planeteninneren führen.
In einer zweiten, aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-016-0007) veröffentlichten Studie gelang es Wissenschaftlern um Thomas Platz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) mit den beiden identischen Dawn-Bordkameras im Schatten immerdunkler Krater Ablagerungen aus gefrorenem Wasser direkt abzulichten.
„Wir haben mit unseren Kameras die Krater in der Nordpolarregion angeschaut, und zwar zwischen 65 und 90 Grad nördlicher Breite“, erläutert Platz und führt weiter aus: „Manche dieser Krater liegen zumindest teilweise in ewiger Dunkelheit. Das heißt sie werden nicht von der Sonne beschienen. Der Grund dafür ist die Neigung der Drehachse von Ceres, die nur 4,028 Grad beträgt.“
Farbkodierte Höhendarstellung der nördlichen Polregion von Ceres. Zehn Krater sind beziffert, in denen Forscher mit den Framing Cameras Wassereis entdeckt haben.
Copyright/Quelle: Thomas Platz et al.:, Nature Astronomy, 1, 15. Dezember 2016
Durch diese geringe Achsenneigung steht die Sonne am Himmel in Ceres‘ Polargebieten nie weit über dem Horizont. Kraterwälle, werfen deshalb lange Schatten und beträchtliche Areale des Polgebietes sind sogar in dauerhafte Nacht gehüllt. „Diese Stellen werden zwar nie direkt von der Sonne beschienen, geringe Mengen Streulicht fallen jedoch trotzdem dorthin, beispielsweise reflektiert von direkt beleuchteten Kraterwällen in der Nähe.“
Es waren diese schwachen aber noch immer ausreichend hellen Reflektionen, die von den Kameras erkannt und abgebildet wurden und deren spektrale Eigenschaften diese auch als Wassereis und andere gefrorene Gase ausweisen.
Damit reihen sich die aktuellen Resultate in Messungen des Herschel-Teleskops der europäischen Weltraumbehörde ESA ein, das im Jahr 2014 Wasserdampf in der Nähe von Ceres gemessen hatte (…GreWi berichtete). Zudem konnte schon 2015 mit den Framing Cameras Dunst über zwei Äquator-näheren Kratern gemessen, ebenfalls ein Hinweis auf dampfförmiges Wasser (…GreWi berichtete).
Während direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzte Eisvorkommen auf dem atmosphärelosen Zwergplaneten Ceres instabil sind, da hier das Eis im Laufe in relativ kurzer Zeit sublimiert – also übergangslos vom eis- in den gasförmigen Zustand übergeht – kann es an permanent dunklen und entsprechend kalten Stellen, wo die Temperaturen minus 163 Grad Celsius unterschreiten, hingegen über geologisch große Zeiträume überdauern.
Aufnahmen des Zwergplaneten Ceres aus einer Entfernung von 13650 Kilometern vom 1. Mai 2015. Die Bilder zeigen die Lichtverhältnisse auf der nördlichen Hemisphäre (o.). Einige Krater sind zumindest teilweise immer in Dunkelheit gehüllt und wirkten als Kältefallen für Wasser (u.).
Copyright/Quelle: Thomas Platz et al.:, Nature Astronomy, 1, 15. Dezember 2016,NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
„Eisvorkommen sind von den Polgebieten unseres Mondes und des Planeten Merkur bekannt, beide Körper sind ebenfalls atmosphärelos“, erläutern Nathues und Platz und führen weiter aus: „Diese Eisablagerungen werden durch externe Einflüsse erklärt, beispielsweise durch Einschläge eishaltiger Körper wie Kometen. Auf Ceres hingegen ist das Eis in den polnahen Kratern wahrscheinlich einheimisch, das heißt, es stammt ursprünglich überwiegend von Ceres selbst.“ Möglicherweise könnte jener Einschlag, der einst beispielsweise den Krater Oxo schuf, das in der obigen „Science“-Studie beschriebene, eishaltige Bodenmaterial, das unterhalb der Oberfläche existiert, freigesprengt und bis in die Polregion geschleudert haben.
GreWi-Kurzgefasst
– Zwei neue Studien bestätigen nun frühere Vermutungen und Beobachtungen, wonach es auf dem Zwergplaneten Ceres große Vorkommen von Wassereis gibt.
– Dieses findet sich aber nicht nur –wie etwa auf dem Erdenmond und Merkur – in immerdunklen Kratern, sondern auch in großen Mengen in einer Schicht dicht unter der Oberfläche des Zwergplaneten.
– Dieses Eis stammt wahrscheinlich aus einer Zeit, in der es im Innern von Ceres wohl noch durch radioaktive Zerfälle genügend Hitze gab, um Wasser zu verflüssigen. Später dann hat sich das Wasser in Form von Eis vom sonstigen Felsmaterial getrennt.
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