Webb-Teleskop fahndet nach Atmosphäre im TRAPPIST-1 c

Blick auf das Planetensystem um TRAPPIST-1 (Illu.). Copyright/Quelle: Thomas Müller (HdA/MPIA), Sebastian Zieba (MPIA)
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Blick auf das Planetensystem um TRAPPIST-1 (Illu.).Copyright/Quelle: Thomas Müller (HdA/MPIA), Sebastian Zieba (MPIA)

Blick auf das Planetensystem um TRAPPIST-1 (Illu.).
Copyright/Quelle: Thomas Müller (HdA/MPIA), Sebastian Zieba (MPIA)

Heidelberg (Deutschland) – Im gerade einmal 40 Lichtjahre von der Erde entfernt gelegenen Planetensystem um den Zwergstern TRAPPIST-1 ist einer der sieben bekannten Planeten in etwa so groß und erhält auch in etwa gleich viel Einstrahlung wie unsere Venus. Neuste Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop James Webb (JWST) zeigen nun: Ein Venus-Zwilling ist der Gesteinsplanet „TRAPPIST-1 c“ sicher nicht. Allerdings könnte er weiterhin eine dünne Atmosphäre beherbergen.

Wie eine vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) geleitete Forschungsgruppe um den Studenten Sebastian Zieba aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-023-06232-z) berichtet, trage die Studie zum Verständnis bei, wie Gesteinsplaneten bei massearmen Sternen den starken Sternwinden und intensiver UV-Strahlung standhalten können.

Anhand der Analyse der vom Planeten abgestrahlten Wärme schließen die Forschenden, dass „TRAPPIST-1 c“ allenfalls eine dünne Atmosphäre mit minimalem Kohlendioxidgehalt haben könnte. Die Messergebnisse könnten aber auch mit blankem Gesteinsplaneten ohne eine nennenswerte Atmosphäre übereinstimmen.

„Das nahe gelegene Planetensystem TRAPPIST-1 ist derzeit der beste Kandidat, um die Atmosphären von erdähnlichen Gesteinsplaneten zu untersuchen, die einen roten Zwergstern umkreisen“, erläutert Zieba weiter.

Das TRAPPIST-1-System ist etwa 40 Lichtjahre von der Erde entfernt und beherbergt sieben in etwa erdgroße Gesteinsplaneten, von denen sich bis zu drei in der sogenannten lebensfreundlichen Zone befinden. Bei dieser „habitablen Zone“ handelt es sich um jene Abstandsregion, innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit aufgrund gemäßigter Oberflächentemperaturen Wasser in flüssiger Form – und damit zumindest die Grundlage des irdischen Lebens – existieren kann.

Allerdings zählte der nun mit dem JWST vom MPIA-Team untersuchte Planet bislang nicht zu diesen Kandidaten für potenziell lebensfreundliche TRAPPIST-1-Planeten. Vielmehr vermuteten Planetenwissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen bislang, dass es sich um einen Zwilling unserer Erde handeln könnte.

Hintergrund: Massearme Sterne
Obwohl sie auf der Oberfläche vergleichsweise kühl sind, weisen viele dieser Sterne über einen längeren Zeitraum hinweg starke Sternwinde und intensive UV-Strahlung auf, die die Atmosphären ihrer Planeten beschädigen und abtragen können. „Wir wollten herausfinden, ob TRAPPIST-1 c diesem Schicksal entgangen ist und eine substanzielle Atmosphäre bewahrt haben könnte und vielleicht sogar dem Planeten Venus im Sonnensystem ähnlich ist“, erklärt Zieba. Zumindest sollte die Anziehungskraft an der Oberfläche, die 10 % höher ist als die der Erde, zum Erhalt seiner Atmosphäre beitragen. Wie bei der Venus entsprechen Durchmesser und Masse von TRAPPIST-1 c fast den Werten der Erde. Die Einstrahlung, die der Planet von seinem Zentralstern erfährt, ist fast identisch mit der der Venus. (Quelle: MIPA)

Durch kombinierte Beobachtungen und Modellberechnungen schlussfolgerten die Forschenden auf die wahrscheinlichsten atmosphärischen Eigenschaften des Planeten. „Die Ausdehnung, der Druck und die Zusammensetzung einer Atmosphäre bestimmen die Temperatur eines Planeten in Abhängigkeit von dem Licht, das er von seinem Stern empfängt. Umgekehrt bestimmt die Temperatur, wie viel Infrarotlicht der Planet aussendet. Auf diese Weise geben Infrarotmessungen in Kombination mit Modellrechnungen Aufschluss über die Atmosphäre und ihre Zusammensetzung.“

Eine Venus-ähnliche Atmosphäre können die Astronomen und Astronominnen nun definitiv ausschließen: „Entgegen den Erwartungen erreichen die Temperaturen ‚nur‘ 110 Grad Celsius (380 Kelvin) und sind damit bis zu 390 Grad niedriger als auf der Venus. Das Infrarotlicht, das TRAPPIST-1 c aussendet, passt daher nicht zu einer Venusatmosphäre, die reich an Kohlendioxid ist und einen starken Treibhauseffekt verursacht“, erläutert die Mitautorin der Studie und leitende Wissenschaftlerin des JWST-Beobachtungsprogramms am MPIA, Laura Kreidberg.

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Die Daten sind demnach mit der Vorstellung von jeder Art von dicker Atmosphäre, die reich an Kohlendioxid ist und einen Luftdruck aufweist, der mehr als zehnmal so hoch ist wie auf der Erde, unvereinbar. „Während die Ergebnisse zu TRAPPIST-1 b vom Anfang des Jahres zeigen, dass er dem Merkur ähnlich ist und keine Atmosphäre besitzt (…GreWi berichtete), lehrt uns TRAPPIST-1 c, dass dieses Planetensystem kein Abbild des Sonnensystems ist.“

Sollte es sich bei „TRAPPIST-1 c“ nicht um einen nackten Felsplaneten handeln, so könnte er zumindest eine dünne Gashülle haben. Das wahrscheinlichste alternative Atmosphärenmodell umfasste eine Reihe von Oberflächendrücken und Mischungen aus einer von Sauerstoff (O2) dominierten Atmosphäre mit unterschiedlichen Spuren von Kohlendioxid (CO2).

„Wir gehen davon aus, dass heiße Gesteinsplaneten, die massearme Sterne umkreisen, einen hohen Anteil an Sauerstoff und etwas Kohlendioxid aufweisen“, erklärt Zieba und führt dazu weiter aus: „Planeten wie TRAPPIST-1 c sollten schon früh eine Atmosphäre besitzen, die Kohlendioxid und Wasserdampf enthält. Mit der Zeit spaltet die Sternstrahlung das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Während der leicht flüchtige Wasserstoff allmählich in den freien Raum entweicht, bleiben die schwereren Sauerstoffmoleküle zurück, was zu einer sauerstoffreichen Atmosphäre mit Spuren von Kohlendioxid führt.“

Wie sich für TRAPPIST-1 c herausstellt, ist eine breite Palette von Sauerstoff-Kohlendioxid-Gemischen und einem Luftdruck zwischen 1 % und 100 % des Werts auf Meeresspiegelhöhe auf der Erde möglich. „Dieses Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung, dass TRAPPIST-1 c und andere ausreichend schwere Gesteinsplaneten um kühle, massearme Sterne eine Atmosphäre über einen beträchtlichen Teil der Lebenszeit des Sterns aufrechterhalten können“, erläutert die MPIA-Pressemitteilung. Der Stern TRAPPIST-1 selbst ist mindestens so alt wie die Sonne.

Allerdings gilt es, die bisherigen Beobachtungen noch weiter zu überprüfen. „Die Beobachtung dünner Atmosphären von Gesteinsplaneten bringt JWST an seine Grenzen“, räumt Kreidberg ein. Die gemessenen Signale seien entsprechend schwach und viele Eigenschaften noch unbekannt, was die Bewertung der Messungen unsicher mache. „Im Fall von TRAPPIST-1 c sind die Atmosphärenmodelle nicht die einzigen, die mit den Daten übereinstimmen. Stattdessen erklärt blankes Gestein mit einer verwitterten Oberfläche die Beobachtungen ebenso gut.“

Transit-Lichtkurve von TAPPIST-1 c (Illu.).Copyright/Quelle: Thomas Müller (HdA/MPIA), Sebastian Zieba (MPIA)

Transit-Lichtkurve von TAPPIST-1 c (Illu.).
Copyright/Quelle: Thomas Müller (HdA/MPIA), Sebastian Zieba (MPIA)

Da die Eigenrotation des Planeten an seine Bahn um den Stern gebunden ist, weist er seinem Stern stets dieselbe Seite zu. Auf diese Weise ergibt sich eine konstante Tag- und eine ebenso dauerhafte Nachtseite. Ein Tag auf TRAPPIST 1c dauert also genau so lange wie sein Jahr – etwa 2,42 Erdentage.

Da seine Umlaufbahn derart ausgerichtet ist, dass er aus unserer Perspektive immer wieder vor seinem Stern vorüberzieht, kann er jedoch gut beobachtet und seine Atmosphäre analysiert werden. Allerdungs sind die Signale, anhand derer auf die Zusammensetzung einer Atmosphäre geschlossen werden könnte, selbst mit dem JWST sehr schwach.

Sollten zukünftige Beobachtungen eine Atmosphäre um TRAPPIST-1 c bestätigen können, wäre das ein ermutigendes Zeichen dafür, dass Atmosphären auch den extremen Einfluss roter Zwergsterne doch überstehen können.




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Recherchequelle: MPIA

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