Webb-Weltraumteleskop findet fehlendes Bindeglied zu den ersten Sternen im Universum

Webb’s Ansicht der Galaxie „GS-NDG-9422 (9422)“. Copyright: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Cameron (University of Oxford)
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Webb’s Ansicht der Galaxie „GS-NDG-9422 (9422)“.Copyright: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Cameron (University of Oxford)

Webb’s Ansicht der Galaxie „GS-NDG-9422 (9422)“. (Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.)
Copyright: NASA, ESA, CSA, STScI, A. Cameron (University of Oxford)

Oxford (Großbritannien) – Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop haben Astronomen im tiefen frühen All eine Galaxie mit einer seltsamen Lichtsignatur entdeckt. Diese führen sie darauf zurück, dass das Gas der Galaxie ihre eigenen Sterne überstrahlt. Rund eine Milliarde Jahre nach dem Urknall entdeckt, könnte die Galaxie nun eine fehlende Entwicklungsphase zwischen den ersten Sternen des Universums und den vertrauten, etablierten Galaxien darstellen.

Wie das Team um Alex Cameron von der University of Oxford aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (DOI: 10.1093/mnras/stae1547) berichtet, seien die Spektralanalysen der Galaxie „GS-NDG-9422 (9422)“ ebenso merkwürdig wie genau das, wofür das Webb-Teleskop entwickelt wurde. „JWST wurde dafür konzipiert, um völlig neue Phänomene im frühen Universum zu enthüllen, die uns helfen, zu verstehen, wie die kosmische Geschichte begann“, so der Astronom.

Gemeinsam mit einem Team um den Theoretiker Harley Katz stellte Cameron fest, dass Computermodelle kosmischer Gaswolken, die von extrem heißen, massereichen Sternen so stark erhitzt wurden, dass das Gas heller leuchtete als die Sterne, fast perfekt mit den Beobachtungen des Webb-Teleskops übereinstimmten.

„Es sieht so aus, als müssten diese Sterne viel heißer und massereicher sein als das, was wir im lokalen Universum sehen, was Sinn ergibt, da das frühe Universum eine ganz andere Umgebung war“, so Katz.

Im lokalen Universum haben typische heiße, massereiche Sterne eine Temperatur zwischen 40.000 und 50.000 Grad Celsius. In der Galaxie 9422 finden sich nun jedoch Sterne, die heißer sind als 80.000 Grad Celsius.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass sich die Galaxie während einer kurzen Phase intensiver Sternentstehung in einer dichten Gaswolke befindet, die eine große Anzahl massereicher, heißer Sterne produziert. Die Gaswolke wird von so vielen Photonen des Sternenlichts getroffen, dass sie extrem hell leuchtet.

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Derart nebulöses Gas, das die Sterne überstrahlt, ist besonders interessant, weil es in den Umgebungen der ersten Sterngeneration des Universums vorhergesagt wurde, die Astronomen als Population-III-Sterne klassifizieren.

„Wir wissen, dass diese Galaxie keine Population-III-Sterne hat, da die Webb-Daten eine zu hohe chemische Komplexität zeigen. Dennoch sind ihre Sterne anders als die, die wir kennen – die exotischen Sterne in dieser Galaxie könnten uns helfen zu verstehen, wie Galaxien von primordialen Sternen zu den Galaxien übergingen, die wir bereits kennen“, sagt Katz.

Derzeit ist die Galaxie 9422 ein Beispiel für diese Entwicklungsphase, aber es gibt noch viele offene Fragen. Sind diese Bedingungen in Galaxien zu dieser Zeit üblich oder selten? Was können sie uns über noch frühere Phasen der Galaxienentwicklung verraten? Cameron, Katz und ihre Forschungskollegen identifizieren aktiv weitere Galaxien, um diese Population zu erweitern und besser zu verstehen, was im Universum innerhalb der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall geschah.

„Es ist eine sehr spannende Zeit, das Webb-Teleskop nutzen zu können, um diese Epoche im Universum zu erkunden, die früher unzugänglich war“, sagte Cameron. „Wir stehen erst am Anfang neuer Entdeckungen und Erkenntnisse.“

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Recherchequelle: ESAwebb.org

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