Weitere Belege für Wasserdampfgeysire auf Jupitermond Europa
Noordwijk (Niederlande) – Geysirartige Wasserdampfschwaden aus der Eiskruste des Jupitermondes Europa könnten Wissenschaftlern eine Möglichkeit geben, den diese Fontänen speisenden, unter der Eiskruste verborgenen und möglicherweise lebensfreundlichen Ozean des Mondes direkt zu untersuchen. Während die Geysire auf dem Saturnmund Enceladus bereits nachgewiesen wurden, steht ein eindeutiger Nachweis der jener auf Europa noch aus. Eine aktuelle Studie erbringt nun einen weiteren Beleg darauf, dass tatsächlich auch der Jupitermond Wasserdampf aus seinem Inneren speit.
Hintergrund
Die eisüberzogene Oberfläche des Jupitermondes Europa wird geprägt von markanten rötlich-braune Rissen (s. Abb. o.). Diese Risse und Furchen fressen sich in eine Schicht Wassereis, von der Wissenschaftler ausgehen, dass sie mehrere Kilometer dick ist und einen riesigen – potenziell lebensfreundlichen – Ozean bedecken. Annahmen zufolge entstehen die langen Risse in der eisigen Oberfläche, wenn Jupiter mit seiner Schwerkraft Europa „an sich reißt“ und das Eis dadurch splittert. Die auf der Mondoberfläche sichtbaren Farben entsprechen der jeweiligen Zusammensetzung und Größe der Eisbrocken: rötlich-braune Bereiche enthalten beispielsweise hohe Anteile nicht eisiger Substanzen, während es sich bei den blau-weißen Bereichen um relativ reines Wassereis handelt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen herausfinden, was sich unter Europas dicker Eisdecke verbirgt. Dafür müssen sie indirekt vorgehen und an der Oberfläche nach Hinweisen suchen, die aus dem Inneren des Mondes stammen.
Wie das Team um den Hans Huybrighs von der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2020GL087806) berichtet, basiert die Studie auf Simulationen, die auf der Grundlage früherer Magnetfeld-Untersuchungen der Galileo-Mission aus dem Jahr 2000 stammen und sollte herausfinden, warum die Raumsonde bei einem Vorbeiflug am Mond in dessen Nähe weniger schnelle Protonen – also subatomare, positiv geladene Teilchen – als erwartet aufgezeichnet hatte.
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Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen führten dies zu Beginn noch darauf zurück, dass Europa dem Detektor der Sonde sozusagen im Weg gewesen war und so verhindert hatte, dass die zahlreich auftretenden Teilchen gemessen werden konnten. Huybrighs und Kollegen kamen im Abschluss aber zu dem Ergebnis, dass der Protonenmangel auftrat, nachdem eine Schwade Wasserdampf ins All geschossen worden war: “Diese Schwade durchbrach Europas dünne, fragile Atmosphäre und störte die Magnetfelder in diesem Bereich und somit auch die Dynamik und das Vorkommen energetischer Protonen im Umfeld“, erläutert die ESO-Pressemitteilung.
Schon länger vermuten Wissenschafter, dass es solche Schwaden auf Europa gibt. Ein indirekter Beweis ist aber erst im Laufe des letzten Jahrzehnts gefunden worden. „Sollte es tatsächlich solche Schwaden geben, die den eisigen Mondmantel durchstoßen, könnte eine Möglichkeit bestehen, Zugang zum Ozean unter der Oberfläche zu erhalten und dessen Bestandteile zu bestimmen“, zeigen sich die Autoren fasziniert. Dann könnten schon mittelfristig Untersuchungen des Europa-Ozeans durchgeführt werden, die bisher eine große Herausforderung dargestellt haben.
Tatsächlich könnte schon die für 2022 anstehende ESA-Mission „JUICE“ von den neuen Erkenntnissen profitieren und diese zur Analyse des Europawassers nutzen. Die Raumsonde soll 2022 starten und 2029 im Jupitersystem ankommen, wo sie den Gasriesen Jupiter sowie seine Eismonde erkunden soll (…GreWi berichtete).
JUICE wird in der Lage sein, direkte Partikelproben aus den Wasserdampfschwaden der Europa-Geysire zu entnehmen und zu analysieren. Im Rahmen der Mission wollen die ESA-Forscher und -Forscherinnen auch die potenzielle Lebensfreundlichkeit (Habitabilität) der verborgenen Ozeane aller drei Jupiter-Eismonde Ganymed, Kallisto und Europa erkunden.
Wie die aktuelle Studie zeigt, ist die Nachverfolgung der energetisch geladenen und neutralen Partikel am Jupitermond Europa extrem vielversprechend für die Untersuchung der Mondatmosphäre und der weiteren kosmischen Umgebung – und genau das sind die Ziele der JUICE-Mission.
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Quelle: ESA
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