Weltraumteleskop Euclid auf dem Weg ins Dunkle Universum

Künstlerische Darstellung des Weltraumteleskops „Euclid“ (Illu.). Copyright: ESA
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Künstlerische Darstellung des Weltraumteleskops „Euclid“ (Illu.).Copyright: ESA

Künstlerische Darstellung des Weltraumteleskops „Euclid“ (Illu.).
Copyright: ESA

Köln (Deutschland) – Die Europäische Weltraumagentur ESA hat das Weltraumteleskop „Euclid“ erfolgreich auf den Weg zu seinem 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Arbeitsort – dem zweiten Lagrange-Punkt (L2) – gebracht. Das Missionsziel ist die Erforschung der Dunklen Materie und Energie, sowie die Frage wie sich die Geometrie unseres Universums basierend auf der darin enthaltenen Materie und Energie ändert.

„Die europäische Mission Euclid wird den Astronomen dabei helfen, noch bislang ungelöste Rätsel in der Kosmologie zu entschlüsseln“, erläutert Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Wie sein prominenter Namensgeber wird auch das europäische Weltraumteleskop die Geometrie des Universums nutzen, um Dunkle Materie und Dunkle Energie zu suchen. Diese Bestandteile machen zusammen 95 Prozent unseres Universums aus. Dennoch blieben uns ihre Geheimnisse bislang verborgen. Mit Euclid wird Europa gemeinsam mit unseren Partnern aus Kanada, Japan und den USA dazu beitragen, Licht ins Dunkel des Universums zu bringen.“

Schon die vorige ESA-Mission Planck bestätigte, dass wir in einem flachen – auch bekannt als Euklidischen – Universum leben, das genau auf der Trennlinie zwischen ewiger Ausdehnung und Zusammenbruch liegt. Doch ist dieses Phänomen von der Dichte der gesamten Materie im Universum abhängig, an der die für uns sichtbare Materie (also Galaxien, Sterne, Planeten usw.) nur fünf Prozent jener Masse einnimmt, die für ein flaches Universum eigentlich erforderlich ist. Den Rest haben theoretische Astrophysiker mit den Begriffen der Dunklen Materie und Dunklen Energie aufgefüllt.

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Demnach würde die sogenannte Dunkle Materie nicht einmal mit dem Licht wechselwirken, wäre damit für uns sozusagen unsichtbar und würde sich selbst für uns nur durch ihre Schwerkraftwirkung auf andere Objekte und deren Licht offenbaren.

Hinzu beobachtete Edwin Hubble 1929, dass sich die Galaxien von uns wegbewegen und fernere Galaxien dies schneller tun als nahe. Diese Beobachtung lieferte den Hinweis dafür, dass sich unser Universum ausdehnt. 1998 entdeckten dann die späteren Nobelpreiseträger Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess, dass sich diese Ausdehnung in den letzten zehn Milliarden Jahren sogar beschleunigt hat. Diese Erkenntnis hat wiederum enorme Auswirkungen auf die Kosmologie, denn um diese Beschleunigung zu erklären, fehlte eine weitere Unbekannte in der Gleichung des Universums. Folglich muss eine Art negativer Druck existieren, der das Universum auseinanderschiebt. Astronomen sprechen angesichts dieser Unbekannten von „Dunkler Energie“.

10 Milliarden Jahre wird „Euclid“ zurückschauen und so die Geometrie, das Wachstum des Universums untersuchen und kann damit dann die Verteilung der Dunklen Materie über den größten Teil des Himmels in drei Dimensionen abbilden.Euclid wird rund 35 Prozent des Himmels abbilden (Illu.). Copyright: ESA

10 Milliarden Jahre wird „Euclid“ zurückschauen und so die Geometrie, das Wachstum des Universums untersuchen und kann damit dann die Verteilung der Dunklen Materie über den größten Teil des Himmels in drei Dimensionen abbilden.
Euclid wird rund 35 Prozent des Himmels abbilden (Illu.).
Copyright: ESA

Hierzu müssen die Euclid-Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Helligkeit der beobachteten Galaxie in Abhängigkeit von ihrer Entfernung sowohl im sichtbaren als auch im infraroten Wellenlängenbereich kennen. Dies wird von VIS und dem Nahinfrarot-Photometer erfüllt. Das Nahinfrarot-Spektrometer übernimmt die Messung des „Wasserstoff-Fingerabdrucks“ in den Galaxienhaufen, um die Veränderung der Expansion des Universums zu messen.

„Um die Natur und die räumliche Verteilung des Universums zu erkunden, wird die Dunkle Materie durch den Effekt der ‚schwachen Gravitationslinse‘, erläutert die Pressemitteilung des DLR. „Dieser Effekt ergibt sich aus Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, wonach jeder massive Körper den ihn umgebenden Raum wie ein Ball auf einer elastischen Oberfläche krümmt. Wenn sich bei der Beobachtung entfernter Galaxien Dunkle Materie entlang der Sichtlinie befinden sollte, würden wir die Galaxienformen verzerrt sehen. Durch die Untersuchung dieser Verzerrung wird Euclid die Massenverteilung der Dunklen Materie dreidimensional kartieren.“

Als Standardmaßstab für die Messung der Expansionsrate des Universums wird Euclid den Abstand zwischen den Galaxienhaufen messen. “Durch paarweises Bestimmen dieses Abstands zwischen den Galaxien können die Astronomen herausfinden, wie oft zwei Galaxien sich in einem bestimmten Abstand zueinander befinden. Die Astronomen wissen, dass die wahrscheinlichste Entfernung zwischen zwei Galaxien heute circa 500 Millionen Lichtjahre beträgt. Diese Skala wurde dem Universum bereits in den frühen Stadien quasi ‚als Stempel aufgedrückt‘ und verändert sich mit der Expansion. Dieser Effekt wird als „Baryonische akustische Oszillation“ bezeichnet. Euclid wird eine Galaxien-Rotverschiebungsdurchmusterung durchführen und dies von mehreren zehn Millionen Wasserstoff-Spektren in den beobachteten Galaxien in einer Rückblickzeit von zehn Milliarden Jahren messen, in denen sich die Expansion des Universums vermutlich wieder beschleunigt hat.“

Nun wird es weitere vier Wochen dauern, bis Euclid seinen Arbeitsort L2, den Gleichgewichtspunkt des Sonne-Erde-Systems, der der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne folgt erreichen wird.




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Recherchequelle: DLR

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