Bochum (Deutschland) – Mithilfe von VR-Brillen zur Simulation virtueller Welten haben Neurowissenschaftler neue Einblicke in die menschliche Wahrnehmung gewonnen. In Virtual-Reality-Szenarien, bei denen Versuchspersonen ihren eigenen Körper mit einem virtuellen Objekt berührten, führte dies überraschenderweise zu einem Kribbelgefühl an der Stelle, an der der Avatar ihres Körpers berührt wurde. Dieser Effekt trat auf, obwohl kein physischer Kontakt zwischen virtuellem Objekt und Körper stattfand.
Wie das Team um um Dr. Artur Pilacinski vom Knappschaftskrankenhaus Bochum Langendreer und Prof. Dr. Christian Klaes von der Abteilung Neurochirurgie am Klinikum der Ruhr-Universität aktuell im Nature-Fachjournal „Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/s41598-023-42683-0) beschreibt, handelt es sich bei diesem als „Phantom-Touch-Illusion“ bezeichneten Phänomen bei den meisten Versuchspersonen um ein Gefühl, dass diese als „Kribbeln oder prickelndes, elektrisierendes Gefühl“ beschreiben oder auch „als ob Wind durch ihre Hand wehen würde“. Die Empfindung entstehe aus einer komplexen Kombination verschiedener Sinneswahrnehmungen.
In ihrer Studie wollen die Forschenden aus dem Bereich der Neurowissenschaften genauer verstehen, was hinter diesem Phänomen steckt, und herausfinden, welche Prozesse in Gehirn und Körper dabei eine Rolle spielen. Sie beobachteten, dass die Phantom-Touch-Illusion ebenfalls auftrat, wenn die Versuchspersonen Teile ihres Körpers berührten, die in der Virtuellen Realität nicht sichtbar waren. „Das deutet darauf hin, dass die menschliche Wahrnehmung und das Körpergefühl nicht nur auf visuellen Aspekten basiert, sondern auf einer komplexen Kombination aus vielen Sinneswahrnehmungen und der internen Vorstellung des eigenen Körpers“, so Zweitautorin Marita Metzler.
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Insgesamt nahmen an der Studie 36 Personen teil, die VR-Brillen trugen: „Zuerst gewöhnten sie sich an die VR-Umgebung, indem sie sich darin bewegten und virtuelle Objekte berührten. Im Anschluss bekamen sie die Aufgabe, ihre Hand in der virtuellen Umgebung mit einem virtuellen Stab zu berühren“, erläutert die Pressemitteilung der Universität. „Die Teilnehmenden wurden gefragt, ob sie etwas spürten. Falls nicht, durften sie die Berührung fortsetzen, und die Frage wurde später erneut gestellt. Wenn sie Empfindungen verspürten, sollten sie diese beschreiben und ihre Intensität an verschiedenen Handstellen bewerten. Dieser Prozess wurde für beide Hände wiederholt. In einem Kontrollexperiment wurde untersucht, ob ähnliche Empfindungen auch ohne visuellen Kontakt mit virtuellen Objekten, allein aufgrund der Anforderungen der Versuchssituation wahrgenommen werden können. Dabei wurde anstelle von virtuellen Objekten ein kleiner Laserpointer verwendet, um die Hand zu berühren.“
Das Ergebnis: Bei diesem Kontrollexperiment traten keine Empfindungen auf, was darauf hindeutet, dass die Phantom-Touch-Illusion nur bei virtuellen Berührungen auftritt. „Die Entdeckung der Phantom-Touch-Illusion eröffnet neue Möglichkeiten für die weitergehende Erforschung der menschlichen Wahrnehmung und könnte auch in den Bereichen Virtual Reality und Medizin Anwendung finden“, beschreibt Christian Klaes und führt dazu weiter aus: „Sie könnte sogar dazu beitragen, das Verständnis von neurologischen Erkrankungen und Störungen zu vertiefen, die die Wahrnehmung des eigenen Körpers beeinflussen.“
In weiteren Untersuchungen planen das Bochumer Team nun, seine Forschung zur Phantom-Touch-Illusion und den zugrunde liegenden Prozessen weiterzuführen. Aus diesem Grund wurde eine Zusammenarbeit mit der Universität Sussex gestartet. „Es ist wichtig, zunächst zwischen den tatsächlichen Empfindungen von Phantom-Touch und anderen kognitiven Prozessen zu unterscheiden, die an der Schilderung solcher Empfindungen beteiligt sein können. Hier kommen beispielsweise Suggestionen oder auch experimentelle Umstände in Betracht“, so Artur Pilacinski. „Außerdem wollen wir die neuronalen Grundlagen der Phantom-Touch-Illusion besser verstehen und arbeiten hierfür mit weiteren Partnern in der Forschung zusammen.“
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Recherchequelle: Universität Bochum
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