Standbild aus einem der Videos.
Copyright: Dante de Kort, Mariana Altrichter et al.
Prescott (USA) – Aufnahmen einer Wildtierkamera zeigen erstmals eine neuweltliche Wildschweinart, sogenannte Pekaris bzw. Nabelschweine, die gegenüber einem verstorbenen Artgenossen ein Verhalten zeigen, dass Experten als Trauer deuten.
Auf die Aufnahmen, die von einem Grundschüler gemacht wurden, wurde die Biologin Mariana Altrichter vom Prescott College auf einer Wissenschafts-Messe aufmerksam. Altrichter hatte zuvor jahrelang das Sozialverhalten der Pekaris untersucht und wusste, dass die Tiere innige Familien- und Gruppenbande besitzen.
Dass die Tiere jedoch schon dabei beobachtet worden waren, wiederholt zu Kadavern von Gruppenmitgliedern und Artgenossen zurück zu kehren, davon hatte die Forscherin keine Kenntnis. Doch genau das zeigten nun die Aufnahmen des achtjährigen Dante de Kort.
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„Diese Aufnahmen sind ganz erstaunlich: Sie zeigen nicht nur eine unmittelbare Reaktion auf den toten Artgenossen, das Verhalten hielt für ganze 10 Tage an“, zitiert „National Geographic“ die Vorsitzende der Peccary Specialist Group innerhalb der International Union for Conservation of Nature (IUCN).
Die Videos zeigen, wie die Pekaris zunächst den Kadaver untersuchen, an ihm schnüffeln, riechen, beißen und ihn anstarren. In der Folge schlafen einige Tiere sogar neben dem toten Artgenossen und versuchten sogar, den Körper empor zu drücken. Selbst als sich ein Rudel Kojoten dem Kadaver nähert, verteidigen die Wildschweine diesen und vertreiben sogar die zahlenmäßig überlegenen Wildhunde. Erst als diese am zehnten Tag des Kadavers habhaft werden und zerstückeln, wenden sich auch die Pekaris von diesem ab und kehren nicht mehr zu ihm zurück.
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„Es gibt zu vielen Tierarten Berichte über mögliche Todes- und Trauerrituale, darunter von Hunden, Elefanten, Giraffen, Primaten, Delfinen und Vögeln. (…) Aber noch nie zuvor wurde eine Reaktion auf den Tod eines Artgenossen von einer der drei in Herden lebenden unterschiedlich großen Pekari-Arten beobachtet bzw. beschrieben.“
Wie die Forscher aktuell im Fachjournal „Ethology“ (DOI: 10.1111/eth.12709) beschreiben, beantworten die Videoaufnahmen alleine zwar die Frage danach, ob es sich bei dem Verhalten tatsächlich um Trauer der Tiere handelt, dennoch zeigt sich Altrichter zuversichtlich, dass das Verhalten zumindest die wissenschaftliche Definition erfülle: „Handlungen, die Tiere aufweisen, um mit einem Verlust umzugehen.“ Ob diese „Handlungen“ bzw. Verhaltensweisen auch mit Gefühlen der Trauer einhergehen, könne natürlich so nicht nachgewiesen werden.
Andere Forscher geben hingegen zu bedenken, dass das Verhalten der Tiere auf den Aufnahmen auch nichts mit Trauer zu tun haben könnte. „Allerdings sei zumindest der Umstand, dass die Tiere neben dem Kadaver schlafen, weder mit Neugierde, Teritorial- oder anderen Verhaltensweisen zu erklären, gibt die Verhaltensforscherin Barbara J. King vom College of William and Mary und Autorin des Buches „How Animals Grief“ gegenüber „National Geographic“ zu bedenken.
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