Zweiter sich wiederholender schneller Radioausbruch detektiert

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Blick auf die jeweils 100-Meter langen, halbröhrenförmigen Kollektoren der Teleskopanlage des Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment (CHIME).
Copyright: CHIME Colaboration

Montreal (Kanada) – Sie dauern nur Sekundenbruchteile, erreichen uns aber aus den Tiefen des Alls mit der Energie von hundert Millionen Sonnen. Woher genau sie stammen und was sie eigentlich sind, ist aber weiterhin ein Rätsel. Handelt es sich um das Ergebnis gewaltiger astrophysikalischer Prozesse oder sind es gar Radiosignale ferner und über gewaltige Ressourcen verfügender Zivilisationen? Während bereits mehr als 60 dieser „Fast Radio Bursts“ (FRBs) mit Radioteleskopen geortet wurden, gab es bislang nur eine Quelle, die wiederholt und mehrfach solche „Radioblitze“ aussendete. Jetzt berichten kanadische Astronomen von der zweiten Ortung eines derart wiederkehrenden mysteriösen Signals.

Wie das Team aus Astronomen der kanadischen Universitäten McGill, British Columbia und Toronto mit Kollegen des Perimeter Institute for Theoretical Physics und des National Research Council of Canada aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-018-0867-7) berichten, registrierten sie das widerkehrende Signal mit dem erst 2017 in Betrieb genommenen CHIME-Radioteleskop.

Insgesamt entdeckten die Astronomen im Sommer 2018 über einen Zeitraum von drei Wochen 13 FRBs (…GreWi berichtete), darunter auch das erstmal am 14. August registrierte und sich dann sich insgesamt sechsmal wiederholende Signal mit der Bezeichnung „FRB 180814.J0422+73“. Zuvor wurde lediglich 2015 mit dem Arecibo-Radioteleskop auf Puerto Rico ein sich wiederholendes FRB-Signal (FRB 121102) geortet (…GreWi berichtete).

NACHTRAG 10. Januar 2019, 11.00h: Wie aus dem Nature-Artikel hervorgeht, ist die Quelle des nun entdeckten zweiten Repeaters nur halb so weit von der Erde entfernt wie der erste sich wiederholende FRB (FRB 121102).

„Bislang gab es nur einen sich wiederholenden FRB. Da wir jetzt aber von einem zweiten wissen, legt das nahe, dass es davon auch noch weitere geben könnte“, erläutert Ingrid Stairs von CHIME-Team an der University of British Columbia. „Je mehr dieser ‚Repeater‘ wir finden und je mehr Quellen wir kennen, desto mehr verstehen wir, woher diese kosmischen Rätsel kommen und was sie verursacht.“

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Da die alle vor CHIME georteten FRBs in Frequenzbereichen von nahezu 1400 MHz geortet wurden, hatten einige Astronomen zunächst Zweifel daran, dass CHIME überhaupt FRBs finden könnte. Die jetzt mit dem ungewöhnlich geformten Teleskop georteten Signale fanden sich alle dessen Frequenzbereich von 400-800 MHz. Da einige der CHIME-FRBs sogar hier im untersten Frequenzbereich detektiert wurden, vermuten Wissenschaftler nun, dass zukünftig FRBs sogar auf noch niedrigeren Frequenzen gefunden werden.

Die Mehrheit der mit CHIME georteten Signale weisen Anzeichen sog. Streuung auf, ein Phänomen, das den Wissenschaftlern mögliche Rückschlüsse auf die Direkte Umgebung der wie auch immer gearteten Radioquellen erlaubt. Anhand der mit CHIME beobachteten Streuung der Signale vermuten die Forscher, dass es sich um energiereiche astrophysikalische Objekte innerhalb ganz spezieller kosmischer Umgebungen handelt: „Es könnte sich um dichte Materieansammlungen wie etwa die Reste einer Supernova handeln“, erläutert Cherry Ng von der University of Toronto. „Oder sie stammen aus der Nähe eines Schwarzen Lochs im Zentrum einer fernen Galaxie. Es müssen auf jeden Fall sehr spezielle Orte sein, um die Streuung, die wir beobachten können, zu erklären.“

Seit der ersten Entdeckung eines FRBs rätseln Astronomen über deren Natur und Herkunft und tragen deshalb sämtliche Informationen über die Eigenschaften alter und neuer FRBs zusammen. „Die Entdeckung der Signale in niedrigeren Frequenzbereichen bedeutet nun, dass wir einige Theorien überdenken müssen. Was auch immer die Quellen dieser Radiosignale sind, es ist sehr faszinierend zu sehen, über welch ein breites Frequenzspektrum sie verteilt sind. Es gibt einige erste Erklärungsansätze, die jedoch keine niedrigfrequenten FRBs erlauben und die somit nun offenbar ausscheiden.“

„Jetzt wissen wir stattdessen, dass zumindest unsere Quellen durchaus niedrigfrequente Radiowellen aussenden können und das diese Signale auch ihrer Umgebung entkommen können, zugleich aber auch nicht derart stark gestreut sind, um auf der Erde nicht mehr geortet werden zu können“, erläutert Tim Landecker vom CHIME-Team des National Research Council of Canada abschließend. „Bislang haben wir das Rätsel noch nicht gelöst. Dafür haben wir nun aber einige weitere Puzzleteile hinzubekommen.“

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