Nun Offiziell: Deutschland steht bei der Untersuchung von unidentifizierten Flugobjekten im „engen vertraulichen Austausch mit seinen Bündnispartnern“

Symbolbild: Blick auf das Berliner Reichstagsgebäude. Copyright: Timothy Vollmer (via WikimediaCommons) / CC BY 2.0
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Symbolbild: Blick auf das Berliner Reichstagsgebäude.Copyright: Timothy Vollmer (via WikimediaCommons) / CC BY 2.0

Symbolbild: Blick auf das Berliner Reichstagsgebäude.
Copyright: Timothy Vollmer (via WikimediaCommons) / CC BY 2.0

Berlin (Deutschland) – In den USA entwickeln sich die Abschüsse eines chinesischen mutmaßlichen Spionageballons und dreier bislang unidentifizierter Flugobjekte zu einem Politikum auf höchster Ebene. Bei der Untersuchung dieser Vorfälle unterstreicht das Weiße Haus, dass dies keine auf die USA begrenzten Phänomene seien und man diese auch gemeinsam mit internationalen Partnern und Alliierten untersuche. Ist auch Deutschland an diesen Untersuchungen beteiligt? Grenzwissenschaft-Aktuell.de hat nachgefragt und gibt einen Überblick. Ein erstes Fazit: Deutschland steht zu unidentifizierten Flugobjekten im „vertraulichen Austausch mit seinen Bündnispartnern.“

Mit Verweis auf die aktuellen Entwicklungen rund um die Abschüsse dreier bis heute unidentifizierter Flugobjekte über den USA und Kanada hat sich der Herausgeber von GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi) Andreas Müller an das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) gewandt und hier erneut nachgefragt, „ob sich die Bundesregierung, Ministerien, Behörden und/oder die Bundeswehr an diesen internationalen Untersuchungen von UAP/UFOs beteiligt bzw. eigene Untersuchungen dazu durchführt?“ Aufgrund der bisherigen verneinenden Antworten auf diese Frage (…GreWi berichtete) wollte Müller zudem erneut wissen, „wie es sein kann, dass sich mit Deutschland einer der wichtigsten Partner und Alliierten der USA nicht für die Untersuchung dieser Phänomene interessiert, die in den USA auf derartig hoher, nicht zuletzt verteidigungspolitischer Ebene untersucht, diskutiert und bewertet werden, dass man detektierte unidentifizierte Objekte derzeit sogar abschießt?“

Die Antwort eines Sprechers des Bundesverteidigungsministeriums vom 15. Februar 2023 lautete wie folgt:

Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wie bereits in unseren vorherigen Antworten festgestellt, liegen dem Verteidigungsministerium keine Erkenntnisse zur Existenz von UFO/UAP vor. Diese Lageeinschätzung ist unverändert. Somit ergibt sich seitens BMVg weiterhin kein Grund für eine Thematisierung UFO/UAP.

Hinsichtlich der Kommunikation zwischen den Partnern zum jüngsten Ballon-Vorfall in den USA verweise ich freundlichst auf die Aussagen der Bundesregierung in der Regierungspressekonferenz vom 06.02.2023. Zur Lagefeststellung und -analyse für das Bündnisgebiet, auch zur Sicherheit im Luft- und Weltraum, stehen wir mit unseren Bündnispartnern stetig in einem engen und vertraulichen Austausch.

Ich erlaube mir den Hinweis, dass die USA bestätigt haben, dass es „keinen Hinweis auf Aliens oder außerirdische Aktivitäten bei diesen jüngsten Abschussaktionen gibt“ (Sprecherin Karine Jean-Pierre).

Im Auftrag
xxx

Allerdings fand die Bundespressekonferenz, auf die sich der BMVg-Sprecher bezieht, bereits am 6. Februar 2023 und damit „vor“ den Abschüssen vom vergangenen Wochenende statt. Die darin gemachten Aussagen standen also voll und ganz unter dem Vorzeichen eines als solches erkannten mutmaßlichen Spionageballons, der zu keiner Zeit als unidentifiziertes Flugobjekt eingestuft wurde.

Aus diesem Grund stellte Müller folgende Rückfrage:

Darf ich mir erlauben, darauf hinzuweisen, dass die Bundespressekonferenz, auf die Sie verweisen, bereits am 6. Februar 2023 stattfand und somit die drei jüngsten Abschüsse in Nordamerika vom vergangenen Wochenende und die damit einhergehenden politischen Auswirkungen gar nicht berücksichtigen kann. Die USA unterstreichen mehrfach, dass diese drei Abschüsse und entsprechende Objekte NICHTS mit dem „China-Ballon“ zu tun haben und man immer noch nicht wisse, um was es sich handelt.

– Deshalb hier meine Rückfrage, ob dieser Umstand in Ihrer heutigen Antwort berücksichtigt wird?

Erlauben Sie mir freundlicherweise zudem nochmals eine ganz konkrete Nachfrage auf der Grundlage der Aussagen des Weißen Hauses, in denen es heißt, dass auch die internationalen Partner und Alliierten, diese Phänomene beobachten und untersuchen…

– Obwohl also in den USA eine Vielzahl dieser Objekte nicht identifiziert werden konnten und können (sogar abgeschossen werden), gibt es in Deutschland bislang keine vergleichbaren und unidentifizierten Vorfälle?

– Wenn nein, dann gehört Deutschland also nicht zu den „Partnern und Alliierten“ auf die die USA in dieser Sache verweisen?

Besten Dank und Grüße
Andreas Müller

Hierzu erging vom zitierten BMVg-Pressesprecher folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Ich verweise auf meine heute Vormittag übersendete Antwort:

„….liegen dem Verteidigungsministerium keine Erkenntnisse zur Existenz von UFO/UAP vor. Diese Lageeinschätzung ist unverändert.“

„Zur Lagefeststellung und -analyse für das Bündnisgebiet, auch zur Sicherheit im Luft- und Weltraum, stehen wir mit unseren Bündnispartnern stetig in einem engen und vertraulichen Austausch.“

Ich empfehle erneut eine Sichtung der Protokolle der Regierungspressekonferenzen, da durchaus grundsätzliche Aussagen zur Kommunikation uns zum Informationsaustausch zwischen den Partnern getroffen wurden.

Desweiteren habe ich meinen bisherigen Antworten nichts hinzuzufügen

Im Auftrag
xxx

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Im Folgenden werden also die Fragen und Antworten aus dieser Bundespressekonferenz zum „China-Ballon“ zitiert:

– Als Sprecher der Bundesregierung waren am 6. Februar 2023 anwesend: Der stellvertretende Regierungssprecher (SRS) Wolfgang Büchner, die Sprecherin des Auswärtigen Amts (AA) Andrea Sasse, der Sprecher der Bundesinnenministerin Maximilian Kall, Sprecherin des Bundesministeriums Christina Routsi, Clemens Escher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Robert Säverin für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Bettina Lauer vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Nodjinan Nimindé-Dundadengar für das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und Josephine Steffen vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).

Frage: Herr Büchner, was ist derzeit über chinesische Ballons über Europa bekannt? Welche Behörden sind oder wären dafür zuständig?

SRS Büchner: Wir haben die Berichte über den Überflug eines chinesischen Ballons über den Luftraum der USA und dessen Abschuss mit Sorge zur Kenntnis genommen. Zum Sachverhalt und den Hintergründen liegen uns keine eigenen Erkenntnisse vor. Wir hoffen, dass der Vorfall nicht zu weiteren Spannungen beziehungsweise einer Eskalation im amerikanisch-chinesischen Verhältnis führen wird.

Welche Behörden zuständig sind, richtet sich nach dem jeweiligen Fall. Wenn das, wie ich gelernt habe, bis zu einer Flughöhe von 11 000 Metern passiert, dann ist das BMDV zuständig. Der Ballon, von dem wir hier reden, flog ja auf 17 000 Metern Höhe. Da wäre nicht mehr das BMDV zuständig, sondern das BMI – und im Zweifel das BMVg.

Routsi: Wenn ich darf, würde ich das gern noch einmal kurz einordnen: Die Lagefeststellung Sicherheit im deutschen Luftraum ist eine ressortgemeinsame Aufgabe, so wie Herr Büchner es gesagt hat. Sie wird im Nationalen Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum überwacht. Dort sind eben diese Kompetenzen in dem Dreiklang, den Herr Büchner gerade erwähnt hat, gebündelt: Flugsicherung beim BMDV, Gefahrenabwehr beim BMI, und – jetzt kommen wir zu meinem Haus – für den militärischen Anteil die Luftwaffe mit ihrem Dauerauftrag der Gewährleistung der Sicherheit im Luftraum. Sie kennen die Alarmrotten, die beispielsweise dann aufsteigen, wenn der Funkkontakt zu einem zivilen Luftfahrzeug verlorengeht. In diesem Falle habe ich für das BMVg aber keinen Beitrag.

Kall: Für die Sicherheitsbehörden, die für die Spionageabwehr zuständig sind, kann ich noch ergänzen, dass sie jegliche Spionage, die von ausländischen Nachrichtendiensten ausgeht, und die Gefahren, die damit verbunden sind, selbstverständlich im Blick haben, dass sie auch die aktuellen Sachverhalte klären und sich dazu natürlich auch mit internationalen Partnern austauschen. Für Bewertungen, die auf Deutschland bezogen sind, ist es aber zu früh.

Zusatzfrage: Das war ja die Ausgangsfrage: Gibt es denn auf all diesen Flughöhen schon irgendwelche Erkenntnisse?

Kall: Es gibt noch keine Erkenntnisse, die wir Ihnen hier nennen könnten. Sie wissen aber auch, dass wir uns hier zu eventuellen nachrichtendienstlichen Erkenntnissen auch gar nicht äußern könnten. Insofern ist das eine sehr zurückhaltende Aussage.

Frage: Eine dumme Frage: Benutzt denn Deutschland Luftballons zur Aufklärung oder zur Wetterbeobachtung? Weiß das jemand?

Routsi: Wir haben keine Luftballons.

Vorsitzender Detjen: Hat das Verkehrsministerium vielleicht Luftballons?

Lauer: Was ich vielleicht ergänzen kann, ist, dass es für den Betrieb von Wetterballons und Wettersonden hier in Deutschland innerhalb des zivilen Luftraums, also bis zur Höhe der genannten 11 000 Meter, einer gesonderten Genehmigung der Deutschen Flugsicherung zur besonderen Luftraumnutzung bedarf. Das ist sozusagen die Grundlage hier in Deutschland.

Zusatzfrage: Wurde denn in der letzten Zeit so eine Genehmigung erteilt?

Lauer: Der Deutsche Wetterdienst hat natürlich immer wieder einmal Wettersonden im Einsatz; da ist das sicherlich der Fall. Alles andere ist mir nicht bekannt.

Frage: An das BMVg: Die Flughöhe ist ja auch eine Einschränkung dessen, was technisch möglich ist, um einem entsprechenden Objekt zu begegnen. Wäre die Bundeswehr denn in der Lage, einen entsprechenden Ballon, der nicht auf 20, sondern auf 30 Kilometern Höhe fliegt, überhaupt zu erreichen?

Routsi: Das ist eine hypothetische Frage. Die beantworte ich nicht.

Zusatzfrage: Dann mache ich es ganz konkret: Meines Wissens hat die Bundeswehr kein System, um über 20 Kilometern irgendetwas herunterzuholen. Was würde man dann machen?

Routsi: Auch das ist eine hypothetische Frage.

Frage: Herr Kall, ich habe noch eine Nachfrage zu einer Aussage von Ihnen. Sie sagten eben, es gebe noch keine Erkenntnisse, die Sie uns heute mitteilen könnten. Was kann man daraus jetzt folgern? Dass praktisch noch untersucht wird, ob es solche Vorfälle in Deutschland gegeben hat? Oder gibt es schon Ergebnisse, aber man kann es noch nicht sagen? Was genau verbirgt sich da hinter Ihrer Aussage? Das verstehe ich nicht ganz.

Kall: Die zuständigen Behörden prüfen das; für etwaige Bewertungen wäre es daher heute noch zu früh. Mit aller Vorsicht und gegebenenfalls auch als Erwartungsmanagement habe ich dann noch den Disclaimer hinterhergeschoben, den wir hier immer nennen, nämlich dass wir uns zu etwaigen nachrichtendienstlichen Erkenntnissen – ob es die jetzt gibt oder nicht – von hier aus nicht äußern können.

Zusatzfrage: Wann rechnen Sie mit der Möglichkeit, auch öffentlich etwas dazu sagen zu können? Ist das schon absehbar?

Kall: Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Zusatzfrage: Ich meine, so ein Ballon ist jetzt ja auch nicht so – – – Ob es in der Vergangenheit einmal so einen Vorfall gegeben hat, dann könnte man das ja wahrscheinlich relativ schnell herausfinden?

Kall: Noch einmal: Das wird von den zuständigen Behörden geprüft.

Frage: Noch einmal zurück zu den Amerikanern und deren Äußerungen: Die haben ja mitgeteilt, dass es chinesische Spionageballons bisher schon auf über fünf Kontinenten gebe. Es macht dann ja Sinn, dass auch Europa betroffen sein muss. War der Bundesregierung der Sachverhalt bekannt, dass die Amerikaner das wissen? Falls nicht: Haben die USA ihre europäischen Partner demnach nicht über frühere Überflüge informiert?

SRS Büchner: Mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor.

Zusatzfrage: Frau Sasse?

Sasse: Ich kann Ihnen mitteilen, dass die amerikanische Regierung uns über diplomatische Kanäle über den Vorgang auf dem Laufenden gehalten hat.

Zusatzfrage: Es geht jetzt ja um frühere Überflüge von chinesischen Ballons. Die Amerikaner haben die auf über fünf Kontinenten gesichtet. Hat die Bundesregierung bisher in all den Jahren Hinweise der amerikanischen Seite bekommen?

Sasse: Ich habe jetzt Stellung zum aktuellen Vorfall genommen, weil der ja derjenige ist, über den wir gerade diskutieren. Da war mir wichtig, Ihnen mitzuteilen, dass es diese diplomatischen Kontakte gegeben hat. Was alle früheren Vorfälle angeht, müssten wir, glaube ich, als Bundesregierung nachforschen, um welche es sich da genau handelt, auf die Sie anspielen. Vielleicht können Sie die Frage da etwas präzisieren und sagen, auf welche Vorgänge Sie da Bezug nehmen, und dann reichen wir das gerne nach.

Das vollständige Transkript der Bundespressekonferenz vom 6. Februar 2023 finden Sie HIER

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