Dokumentarfilmer behauptet: SETI@home hat bereits außerirdische Bild-Signale gefunden und EU finanziert weltweites Mega-Projekt dazu

Symbolbild: Der klassische „Bildschirmschone von SETI@home. Copyright: SETI@home (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0
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Symbolbild: Der klassische „Bildschirmschone von SETI@home.Copyright: SETI@home (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0

Symbolbild: Der klassische „Bildschirmschone von SETI@home.
Copyright: SETI@home (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0

Siorac-en-Périgord (Frankreich) – Der britische Dokumentarfilmer und Youtuber Simon Holland ist für seine zahlreichen wissenschaftsjournalistisch aufbereiteten Beträge mit einem Faible für das Paranormale und speziell für UFOs und Aliens bekannt. Aktuell sorgt Holland mit einer Aussage für Aufsehen, laut der bereits vor rund 25 Jahren mithilfe von SETI@home 18 technologische Signale von einem nicht allzu fernen Stern entdeckt wurden, die bereits als Bild-Daten decodiert wurden und für deren weitere Erforschung die Europäische Union ein weltweites Milliarden-Projekt finanziert habe. Leider lässt sich seine Erzählung nur schwer überprüfen.

Simon Holland erfüllt ganz sicher das Klischee des englischen Exzentrikers. Er lebt in einer alten Windmühle, pflegt offen sein entsprechendes Erscheinungsbild ebenso wie den seit seiner Zeit als Lehrbeauftragter an einer britischen Universität ihn begleitenden Spitznamen „Prof Simon“ (also das Kürzel für „Professor“), obwohl er diesen akademischen Titel streng genommen nicht erworben hat.

Simon Holland vor seiner zu einem Wohnhaus umgebauten Mühle aus dem 17. Jahrhundert.Quelle/Copyright: Simon Holland, https://www.facebook.com/simon.holland.98

Simon Holland vor seiner zu einem Wohnhaus umgebauten Mühle aus dem 17. Jahrhundert.
Quelle/Copyright: Simon Holland via Facebook

Dennoch hat sich Holland mit seinen zahlreichen, meist gut recherchierten und zugleich unterhaltsamen Dokumentarvideos nicht nur unter Fans der wissenschaftlichen Grenzgebiete einen Namen gemacht. Er selbst bezeichnet sich als „Science Filmmaker“ und benennt Luft-, Raumfahrt und das Weltall, aber auch Theorien rund um Außerirdische, Aliens und UFOs als seine Interessengebieten.

Aktuell sorgt Holland mit zwei Videobeiträgen für Aufsehen, in denen er nicht nur behauptet, dass mittels SETI@home schon in den 1990-ern bis frühen 2000-ern Jahren 18 technologische Signale entdeckt wurden, sondern auch, dass diese Signale von einem nicht allzu fernen Stern stammen und es sich sogar um Bild-Daten handeln soll. Darüber hinaus verfolge die Europäische Union (EU) hauptsächlich deshalb ein milliardenschweres Projekt zum Aufbau eines weltweiten Radioteleskop-Netzwerks.

Als Quelle bezieht sich Holland allerdings lediglich auf einen namentlich nicht genannten hochrangigen, bei der EU für die Finanzierung dieses Netzwerks verantwortlichen Beamten.

Video 1
Im ersten Teil der beiden Videos erklärt Holland die Hintergründe der angeblichen Entdeckung. Zusammengefasst erklärt er zunächst, dass während das US-amerikanische SETI-Programm selbst sich damals aufgrund der eingeschränkten technologischen Möglichkeiten auf die Suche nach Signalen in einem relativ schmalen Frequenzbereich (sie sog. 21-Zentimeter-Wasserstofflinie) beschränkte. Mit dem Projekt „SETi@home“ – einem Downloadprogramm, das in den 1990er-Jahren die Bildschirmschoner-Zeit nutzte, um in Datenpaketen des Arecibo-Radioteleskops nach potenziellen außerirdischen Signalen zu suchen – war es dann erstmals möglich, ein sehr viel breiteres Signalspektrum nach Signalen abzusuchen.

„Stellt man sich nun aber die Frage, nach welchem Signal SETI@home genau gesucht hatte, begegnet man vielen Geheimnissen“, erläutert Holland im Video und führt dazu weiter aber lediglich aus: „Wenn man etwa nach den Ergebnissen des SETI@home-Projekts sucht [Holland blendet den Wikipedia-Eintrag dazu ein], so heißt es da schlichtweg, dass ‚nichts‘ gefunden wurde.“ Dem widerspricht Holland nun jedoch: „Aber das ist nicht wahr.“

Laut Holland erkläre die US-SETI-Organisation [Anm.: SETI@home wurde damals von der Universität Berkeley betrieben), dass nichts gefunden wurde, weil man hier am falschen Ort in den Datenpaketen gesucht habe. Basierend auf dem Open-Source-Konzept der von SETI@home (via BOINC) zur Verfügung gestellten Daten war es den Nutzern möglich, Ihre eigenen Suchalgorithmen auf die Arecibo-Daten anzuwenden. „SETI-Forscher in Europa stellten damals eine ganz andere Frage an die Daten als ihre Kollegen in den USA.“

Mainstream-SETI habe demnach die Daten nach einem Signal abgesucht, von dem sie erwartet hatten, dass so ein Alien-Signal aussehen bzw. klingen könnte – ein Signal also, dass einer gezielt gesendeten Botschaft entsprechen würde. „Das europäische alternative SETI stellte aber eine ganz andere Frage: Stellen Sie sich eine außerirdische Zivilisation vor, die keine gezieltes Signal senden möchte, aber dennoch Technologie nutzt. Solche gewöhnlichen Kommunikationssignale auf einem fernen Planeten wären jedoch sehr schwer zu finden. Sie wären so schwach und vielfach, dass sie sozusagen im Hintergrundrauschen regelrecht verschwinden würden. (…) Italienische SETI-Forscher fanden dann jedoch eine brillante mathematische Formel.“ Diese nutzte angeblich den Umstand aus, dass SETI@home tatsächlich schlussendlich derart viele Nutzer hatte, dass nicht alle mit individuellen Datenpaketen versorgt werden konnten. „Auf diese Weise erhielten Sie vermutlich das gleiche Datenpaket wie Ihr Nachbar Bob oder die Shirley am Ende der Straße.“ Eine italienische Universität habe sich nun die subtilen Unterschiede zzunutze gemacht, die bei der unterschiedlichen Auswertung gleicher Datenpakete entdeckt wurden, um so ein unglaublich kleines/schwaches Signal zu finden. Grundlage war die Annahme, dass ein solches Signal von einer fernen Quelle beim Vorbeiziehen an der Erde den bekannten Doppler-Effekt erzeugen würde, wie man ihn von der Sirene eines vorbeifahrenden Polizeiautos kennt. „Statt also nach einer gezielten Grußbotschaft von ET in Form eines großen Radiosignals zu suchen, nutzen [die italienischen Wissenschaftler] die millionenfachen Daten von SETI@home und suchten darin nach Doppler-Verschiebungen. Wenn man diesen Effekt feststellen konnte, so musste das Signal von einer einzigartigen Punktquelle stammen. Das konnte dann kein Hintergrundrauschen gewesen sein, weil man eine Doppler-Verschiebung nur von einer einzelnen Sirene erhält. Würde es überall Sirenen geben, so würde sich der individuelle An- und Abstieg des Signals verlieren.“

Hierbei sollen – so behauptet es zumindest Holland – die Italiener 18 Doppler-Verschiebungen von einzigartigen Punktquellen in unserer Galaxie gefunden haben. Die Entdeckung, so der Journalist weiter, soll die Europäische Union zur Finanzierung der weltweiten Radioantennen-Netzwerke SKA und LOFAR bewegt haben, in die die EU 2024 viele Milliarden Euro investiert, um damit „zu versuchen, mit ET zu kommunizieren“.

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Video 2
Im zweiten Video erläutert Holland dann weitere Details der angeblich gefundenen 18 Signale. Anhand dieser habe man nicht nur den grundlegenden Doppler-Effekt feststellen können, sondern auch jenen einer Rotation eines Körpers (vermutlich eines Planeten im fernen System), von dem das Signal selbst ausging. Zugleich gibt Holland zu bedenken, dass die Entdeckung des Signals nicht gleich bedeuten müsse, dass besagte Außerirdische in der gleichen Weise kommunizieren, wie wir, etwa über AM- und FM-Radio, TV usw. „Das wäre wirklich unglaublich. Es handelt sich (vermutlich) um eine völlig andere Spezies. Aber – wenn sie existieren – so tauschen sie vermutlich Daten aus, und Daten können über verschiedene Frequenzen ausgetauscht werden.“

Um Hollands Sprung von der Behauptung der Detektion von 18 Alien-Signalen zu den hauptsächlich von der EU finanzierten Radioteleskopnetzwerken SKA (Square Kilometre Array, …GreWi berichtete 1, 2) und LOFAR (Low Frequency Array …GreWi berichtete) zu verstehen, erläutert der Filmemacher kurz den Sinn von Radioteleskopen und den Unterschied zwischen einzelnen Radioteleskopschüsseln (die ursprünglich meist militärischen Nutzen als Radarteleskope hatten) und Radioteleskop-Antennenanlagen, sog. Field-Arrays. „Obwohl sie fest an Ort und Stelle platziert sind, können sich auch solchen Antennenfelder drehen – eben, weil sie sich mit der Erde selbst drehen.“ Auf diese Weise könnte man also mittels mehrerer, über den Globus verteilter, aber zu einem Netzwerk zusammengeschalteter Radioantennen- und Teleskopanlagen ein gigantisches Radioteleskop von der Größe der Erde erzeugen. „Und genau das wird gemacht.“

„Doch die Frage ist doch die: Warum?“, so Holland weiter. Auf die Frage, ob das alles wirklich wahr ist, habe seine Informationsquelle auf die milliardenschwere Finanzierung dieser Projekte durch EU Institutionen verwiesen. Es habe ausreichend Beweise für die intelligent-außerirdische Herkunft der Signale gegeben, um die EU von der Finanzierung der Radioteleskop-Netzwerke hauptsächlich für den Zweck deren weiterer Untersuchung zu überzeugen.

Anhand der Frage, warum sich lediglich die EU und nicht auch und gerade die USA an der Finanzierung dieser Aufgabe beteilige, führt Holland seine Zuhörer dann tief in Verschwörungsdenken rund um UFOs, UAP und Aliens: „Man würde doch meinen, gerade US-amerikanische Wissenschaftler sollten über all das Bescheid wissen. Schließlich wäre jede Regierung, die die Existenz von Außerirdischen beweisen oder sogar mit ihnen kommunizieren und Informationen von ihnen erhalten könnte, gegenüber anderen Regierungen und gerade gegenüber Konkurrenten um Lichtjahre im Vorteil. Im aktuellen neuen Wettlauf ins All wäre also die Kommunikation mit Außerirdischen also sehr erstrebenswert. Die Frage, warum sich also die Amerikaner hier nicht engagieren, ist also eine sehr interessante Frage.“ Auf diese Frage selbst bekomme er (von wem erklärt Holland hier leider nicht weiter) immer wieder die gleiche Antwort: „Radioteleskop-Astronomen in den USA wären an dieser Sache wirklich sehr interessiert. Doch diese Astronomen werden von sehr merkwürdigen Personen in der US-Regierung finanziert. Wobei wir wieder bei der UFO/UAP-Geschichte wären.“ Holland selbst höre immer wieder (auch hier nennt er keine Quelle), dass die wichtigsten US-Entscheidungsträger einer Gruppe fundamentaler Christen angehörten, die in der Enthüllung der Existenz außerirdischer Intelligenzen entweder eine Bedrohung der Legitimation ihrer Religion sehen oder sogar davon ausgehen, dass UFOs und Außerirdische selbst Engel oder dämonische Kräfte repräsentieren. „Eine kleine Gruppe in den USA, keine Wissenschaftler, verhindern derzeit sogar die Erforschung von UAP, UFOs und die Suche nach Außerirdischen.“ Auch hier bleibt Holland Belege für diese Aussage schuldig.

Schlussendlich habe er seine Quelle natürlich auch gefragt, was genau man in den SETI@home-Signalen gefunden habe. „Sie &gemeint sind damit wohl die angeblich von der EU finanzierten italienischen Wissenschaftler?] haben eine Modulation gefunden, ein Signal. Zunächst einmal haben sie aber einen Planeten gefunden, der von Radiofrequenz-Energien nur so brummt. Ähnlich wie unser Planet dies mittlerweile tut. Allerdings wäre es schon vom Mond aus mit einem Radioempfänger kaum mehr möglich, in der Masse der unterschiedlichen Signale einen gezielten Sender herauszufiltern. (…) Meine Quelle hat mir aber gesagt, dass es aufgrund des globalen Radioteleskop-Netzwerks möglich gewesen sei, einige Signale aufzulösen. Meine Quelle hat auch mir gesagt, dass man aus dem globalen ET-Signal erkennbare, einzigartige Informationen herausgefiltert habe. Die Decodierung dieser Entdeckung stelle einen Großteil des Großprojekts dar. Er hat mir gesagt, dass es sich dabei um Bilder handelt.“

Mit der mysteriös verpackten Frage danach, wann „sie“ diese Information veröffentlichen werden und dem Hinweis darauf, dass „die Wahrheit irgendwo da draußen“ ist, entlässt Holland seine Zuschauer dann zwar mit großer Gestik und Mimik, aber ohne weitere Antworten.

…GreWi Kommentar
So spannend Hollands Ausführungen klingen, so wenig Substanz steckt bislang hinter seiner Erzählung. Zwar behauptet er, seiner anonymen Quelle kritische Fragen gestellt und die Angaben als Journalist für seine Leserinnen und Leser überprüft zu haben, doch in Wirklichkeit liefert Holland zumindest in seinen Ausführungen kaum Fakten. Vielmehr sind seine Angaben für Dritte bislang nicht überprüfbar. Zuletzt bedient Holland dann mehrheitlich und teils bizarre Verschwörungsszenarien, die UFOs und Aliens mit Engeln und Dämonen gleichsetzten. Diesen mag man folgen, oder auch nicht. Der möglichen Wahrheit hinter seiner Grundaussage über 18 bereits vor Jahrzehnten entdeckte technologische Alien-Signale bringen uns diese Überlegungen nicht näher.

Was Holland in seiner Erzählung auch auslässt, sind die zahlreichen anderen wissenschaftlichen Gründe, Absichten und Ziele von Radioteleskopnetzwerken wie SKA und LOFAR. Denn auch ohne konkrete Alien-Bilder und jenseits von SETI machen globale Radioteleskop-Netzwerke für die Radioastronomie natürlich Sinn. Zudem ist es kein Geheimnis, dass sich SKAO und LOFAR ganz offiziell an der SETI-Breitbandsuche nach außerirdischen Signalen beteiligen (…GreWi berichtete 1, 2)

All dies geht in Hollands Ausführungen leider zugunsten der möglichen Sensation unter. Ob und wie sich aus Hollands Erzählung überprüfbare Fakten gewinnen lassen, bleibt bis auf Weiteres also offen. Aber wie endet Holland selbst: „Die Wahrheit ist irgendwo da draußen“…

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Recherchequelle Prof Simon

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