Post-Detection: Neue Richtlinien für den Fall, dass SETI Außerirdische findet
Sydney (Australien) – Nach Jahrzehnten weitgehend unveränderter Richtlinien hat die „Internationale Akademie für Astronautik“ (IAA) die bislang umfassendste Überarbeitung ihres Protokolls für den Fall einer erfolgreichen SETI-Entdeckung beschlossen. Ziel ist es, die wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen eines bestätigten Signals außerirdischer Intelligenz an die komplexe Realität des 21. Jahrhunderts anzupassen.

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Die neuen Richtlinien spiegeln den gestiegenen technologischen und gesellschaftlichen Anspruch der modernen SETI-Forschung wider. Sie sollen sowohl die wissenschaftliche Integrität wahren als auch die politische und soziale Dimension eines möglichen Kontakts berücksichtigen.
Hintergrund: Vom Radiopuls zur Dyson-Sphäre
Das „Search for Extraterrestrial Intelligence“-Programm (SETI) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Wurde zu Beginn ausschließlich nach Radiosignalen gesucht, richten sich die aktuellen Strategien längst auch auf Laserimpulse, ungewöhnliche Energiemuster oder Anzeichen sogenannter „Dyson-Konstruktionen“, also hypothetischer Megastrukturen um fremde Sterne.Mit diesem technischen Fortschritt wächst auch die Notwendigkeit klarer internationaler Regeln für den Umgang mit einem möglichen Nachweis außerirdischer Intelligenz. Bereits 1989 veröffentlichte die IAA mit ihren ersten „Declaration of Principles“ eine Art Handlungsempfehlung für Wissenschaftler und Staaten im Falle eines bestätigten Signals. Eine moderate Aktualisierung erfolgte 2010. Die jetzt vorgelegte Version, die auf dem International Astronautical Congress (IAC) 2025 in Sydney diskutiert wurde, stellt jedoch den bisher größten inhaltlichen Wandel dar.
Schutz vor Fehlinterpretationen und öffentlichem Druck
Eine der zentralen Neuerungen betrifft den Schutz der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Angesichts heutiger Kommunikationsstrukturen, insbesondere sozialer Medien, soll das neue Protokoll sicherstellen, dass Forschende, die ein potenzielles Signal melden, nicht Opfer von Desinformation, öffentlicher Hetze oder gezielten Angriffen werden.
Das Papier betont, dass die Veröffentlichung eines solchen Befundes mit äußerster Vorsicht und nach gründlicher Verifikation erfolgen muss. Dazu gehört, dass alle Daten in mindestens zwei geografisch getrennten Archiven gesichert und auch für andere wissenschaftliche Einrichtungen zugänglich gemacht werden sollen. Ebenso müssen die Analyseprogramme offengelegt werden, um Transparenz und Nachprüfbarkeit zu gewährleisten.
Zentrale Neuerung: Keine Antwort ohne globale Abstimmung
Besonders gravierend ist die Änderung der Regel zum Umgang mit einem empfangenen „direkten“ Signal: Während die bisherigen Richtlinien vorsahen, dass eine Antwort prinzipiell zulässig sei, fordert die neue Version ein striktes Kommunikationsverbot, zumindest so lange, bis die Vereinten Nationen (UN) eine Entscheidung über eine mögliche Reaktion getroffen haben.
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Damit soll verhindert werden, dass einzelne Nationen, Organisationen oder gar Privatpersonen eigenmächtig eine Botschaft ins All senden und damit unbeabsichtigt die gesamte Menschheit repräsentieren. Ob eine Einigung innerhalb der UN realistisch wäre, bleibt offen – doch das Prinzip der globalen Abstimmung wird von den Autoren als zwingend notwendig betrachtet.
Kein Einfluss auf aktive METI-Projekte
Ebenfalls wichtig: Das neue Protokoll betrifft ausschließlich den Umgang mit einem empfangenen Signal. Die teils kontroverse Praxis des „Messaging Extraterrestrial Intelligence“ (METI), also das aktive Aussenden starker Radiosignale zu potenziellen Zielen im All, bleibt davon unberührt. Diese Form der Kontaktaufnahme gilt unter Fachleuten als noch riskanter und ethisch schwerer zu rechtfertigen. Zwar existieren Positionspapiere dazu, doch kein international verbindliches Regelwerk.
Technische Verfahren und rechtliche Maßnahmen
Neben den ethischen Fragen befasst sich das Papier auch mit praktischen Aspekten. Sollte ein Signal tatsächlich elektromagnetischer Natur sein, empfiehlt die IAA, die „Internationale Fernmeldeunion“ (ITU) einzuschalten. Diese könnte dann die betreffende Frequenz offiziell freihalten, um Störungen durch irdische Funksignale zu verhindern und eine rechtliche Grundlage gegen gezielte oder unbeabsichtigte Interferenzen zu schaffen.
Zudem wird betont, dass jede Bestätigung eines Signals zwingend durch unabhängige Observatorien erfolgen muss. Erst wenn ein globales Konsortium die Beobachtungen reproduzieren kann, darf eine offizielle Bekanntmachung erfolgen.
Noch steht die endgültige Ratifizierung durch den Vorstand der IAA aus. Sollte sie – wie erwartet – Anfang 2026 erfolgen, wären die neuen Richtlinien das wichtigste internationale Regelwerk für den Moment, in dem die Menschheit vielleicht zum ersten Mal erfährt, dass sie im Universum nicht allein ist.
Den Entwurf der neuen Post-Detection SETI Richtlinie finden Sie HIER
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Recherchequellen: IAA, ArXiv.org, IAC 2025
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