Außerirdische Zivilisationen könnten nur einen „kosmischen Augenblick“ nachweisbar sein
Manchester (Großbritannien) – Eine neue Studie wirft einen ungewöhnlichen Blick auf das sogenannte Fermi-Paradoxon. Dieses stellt die Frage, warum wir trotz der hohen Wahrscheinlichkeit für außerirdisches Leben bislang keine Spuren fremder Zivilisationen gefunden haben. Der neue Ansatz: Hochentwickelte Zivilisationen könnten nur für einen extrem kurzen Zeitraum mit unseren heutigen Methoden überhaupt nachweisbar sein.

In der Abbildung wird dies am Beispiel der „schnellen Wachstumskurve“ (blau) veranschaulicht.
Copyright/Quelle: Michael A. Garrett, ArXiv.org 2025
Inhalt
Der Communication Horizon
In seinem vorab via ArXiv.org veröffentlichten Artikel, knüpft der Astrophysiker Michael A. Garrett von der University of Manchester an Konzepte an, die bereits der berühmte Astronom Carl Sagan in den 1970er-Jahren formulierte. Sagan sprach damals vom sogenannten „communication horizon“. Dabei handelt es sich um jenen Punkt, an dem eine technische Zivilisation so weit fortgeschritten ist, dass ihre Kommunikationsmethoden für uns unsichtbar werden.
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Während wir heute noch Radiowellen oder Laserstrahlung als mögliche Signaturen extraterrestrischer Intelligenz suchen, könnten fortgeschrittene Zivilisationen demnach längst auf ganz andere, für uns unauffällige Kommunikationsformen umgestiegen sein. Hierzu wären etwa Neutrinos oder physikalische Mechanismen, die wir noch nicht verstehen, möglich. Für Sagan lag die Zeitspanne, in der eine junge Zivilisation auf unserem technischen Niveau beobachtbar ist, bei etwa tausend Jahren – ein Wimpernschlag auf kosmischer Zeitskala.
Der Einfluss künstlicher Intelligenz
Garretts Studie aktualisiert diese Überlegung vor dem Hintergrund der heutigen technologischen Beschleunigung. Seit Sagans Zeiten habe sich insbesondere die Computertechnik in einem atemberaubenden Tempo entwickelt. „Mit dem Aufkommen leistungsfähiger künstlicher Intelligenz (KI) und der möglichen Entwicklung einer artifiziellen Superintelligenz (ASI) könnte der technologische Wandel künftig noch weitaus schneller verlaufen als bisher.“
Sollte eine solche Superintelligenz entstehen, würde sie nach Garretts Ansicht die Kontrolle über eine Zivilisation übernehmen und deren technologische Entwicklung in Bereiche treiben, die biologisch begrenzte Wesen – wie wir Menschen – kaum noch nachvollziehen können. Für Beobachter wie uns könnte das bedeuten, dass eine außerirdische Zivilisation nur für sehr kurze Zeit Signale aussendet, die wir überhaupt als solche erkennen können.
Schrumpfende „SETI-Fenster“
Wenn man diese beschleunigte technologische Entwicklung mit einbezieht, könnte die Beobachtungsphase, in der eine Zivilisation für uns sichtbar ist, dramatisch schrumpfen, möglicherweise auf nur wenige Jahrzehnte. Danach würde sie Kommunikationsformen oder Energiequellen nutzen, die vollständig außerhalb unserer Detektionsmöglichkeiten liegen.
Schon Arthur C. Clarke stellte 1973 in seinem Essayband “Clarke’s Laws“ fest:
„Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“
Das aber hätte gravierende Folgen für die Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search für Extraterrestrial Intelligence, SETI). Selbst wenn es unzählige technische Kulturen in unserer Galaxie gäbe, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Zivilisationen sich innerhalb derselben kurzen Detektionsphase „sehen“, verschwindend gering. Garrett vergleicht diesen Effekt mit einem „kosmischen Blinzeln“: Wer zu spät hinschaut, hat die Spur bereits verpasst.
Eine neue Antwort auf das „Große Schweigen“
Damit liefert die Studie einen weiteren möglichen Erklärungsansatz für das Rätsel des „Großen Schweigens“ – die ausbleibende Beobachtung technischer Signale trotz der Vielzahl potenziell bewohnbarer Planeten. Vielleicht, so Garrett, sind die meisten Zivilisationen längst in eine nicht-biologische Phase übergegangen, in der sie weder Radiowellen noch Lichtsignale verwenden.
Diese Überlegung führt zu einer Art „Dead-Internet-Theorie im kosmischen Maßstab“: Das Universum ist womöglich voller technologischer Aktivität – nur sendet noch niemand oder mehr in einer Form, die wir empfangen können.
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Recherchequelle: ArXiv.org
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