Forscher rekonstruieren Schädelreliquie der Maria Magdalena

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Das Reliquiar der Heiligen Maria Magdalena in der Basilika von Saint-Maximin-la-Sainte-Baume.

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Versailles (Frankreich) – Von den einen als Sünderin und Hure verschriehen, von anderen als jene, der der auferstandene Jesus als erster erschien, verehrt und die deshalb als „Apostelin der Apostel“ und sogar als Gefährtin Jesu gehandelt wird, gilt Maria Magdalena als eine, wenn nicht sogar die kontroverseste Frauengestalt der Bibel. Französische Wissenschaftler haben nun anhand einer angeblichen Schädelreliquie das Gesicht der Frau zum Schädel rekonstruiert.

Wie National Geographic berichtet, befindet sich die Reliquie in der Krypta der Kathedrale von Saint-Maximin-la-Sainte-Baume in Südfrankreich. Anhand von mehr as 500 Aufnahmen gelang es Philippe Charlier von der Université de Versailles und dem visuell-forensisch arbeitenden Künstler Philippe Froesch ein 3D-Modell des Schädels zu erstellen, das fortan als Grundlage für eine klassische forensische Gesichtsrekonstruktion diente.

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Dabei ging es den Forschern aktuell noch nicht darum, den Beweis dafür zu erbringen, dass es sich bei dem Schädel tatsächlich um den der biblischen Maria Magdalena handelt, sondern darum, diesem Schädel buchstäblich ein Gesicht zu verleihen. Während die Wissenschaftler die Haarfarbe anhand von Haaren an der Reliquie bestimmt werden konnte, basieren Gewicht und der Gesichtsausdruck der Rekonstruktion auf der künstlerischen Freiheit der Forscher.

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Hintergrund
Die Legende der Maria Magdalena in Saint-Maximin-la-Sainte-Baume

Glaubt man einer christlichen Legende, so gibt es einen Grund, warum die Gebeine der Maria Magdalena in dem südfranzösischen Städtchen aufbewahrt werden: Nachdem Maria Magdalena im Hause des Simons des Aussätzigen Jesus begegnete und ihm hier die Füße gewachsen und mit ihrem langen Haar getrocknet hatte, war sie es u.a. auch, die am Kreuz ausharrte, die Auferstehung miterlebte und der der Auferstandene als erstes erschienen sein soll.

Die Legende berichtet weiter, dass Maria Magdalena später gemeinsam mit Martha und Maria von Bethanien, Lazarus, Maximin und weiteren Christen in einem Boot ohne Ruder und Segel auf dem Meer ausgesetzt wurde und auf diese Weise – und gelenkt von göttlicher Fügung – im heutigen Saintes-Maries-de-la-Mer in der Camargue landeten. Während Maximin und die anderen auszogen, das Christentum zu predigen, soll Maria Magdalena auf göttlichen Geheiß dem Fluss Huveaune gefolgt schließlich nach Sainte-Baume gekommen sein, wo Engel ihr eine Grotte angewiesen hätten. Hier soll sie dreißig Jahre lang ohne Nahrung verbracht und sich lediglich von himmlischer Musik ernährt haben, die vom Gipfel des Massivs erklang. Täglich siebenmal sollen Engel sie zum Gebet auf den Gipfel, der heute als Saint-Pilon bezeichnet wird, getragen haben. Noch heute kann die Grotte und eine Wallfahrtskapelle auf dem Grat in über 940 Metern Höhe besucht werden.

Das Reliquiar der Heiligen Maria Magdalena in der Basilika von Saint-Maximin-la-Sainte-Baume.
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Gestorben sei die Heilige jedoch auf ihrem Weg auf der Via Aurelia, wo sie von Maximin sterbend gefunden worden sein soll. Maria Magdalena soll dann in einem Mausoleum beigesetzt worden sein, das später mit der heutigen Kathedrale bzw. Basilika überbaut wurde. Die Krypta aus der Merowingerzeit (bis 751) geriet jedoch nach deren Herrschaft schnell in Vergessenheit, da sie zum Schutz vor den Sarazenen mit Sand verschüttet wurde.

1279 ließ Prinz Charles von Salerno nach dem Grab der Heiligen suchen und entdeckte unter der Kapelle angeblich vier Särge – einer davon, so verkündete es eine Inschrift – mit den Gebeinen der „Benoiste Magdalaine“, die sodenn von der Kirche als Reliquie der Maria Magdalena anerkannt wurden.

Bis heute ist das Reliquiar in Form einer vergoldeten Bronzebüste zu sehen, deren Gesichtsteil aufgeklappt werden kann und dahinter den von einer Glasscheibe geschützt platzierten Schädel zeigt (s. Abb.). Besondere Verehrung erfährt hinzu ein mumifizierter Geweberest mit Haaransatz, der Gläubigen als jene Stelle gilt, , auf die Jesus am Auferstehungsmorgen seine Hand gelegt haben soll und der sich bei einer Inspektion der Reliquie im Jahre 1789 von der Stirn des Schädels gelöst hatte.

Zukünftig hoffen die Forscher auf die Genehmigung, auch den Schädel selbst weiterführend untersuchen zu dürfen. Bislang ist dieser hinter eine Glasscheibe verwahrt und wurde zuletzt 1974 untersucht. Mittels einer C-14-Datierung könnte das Alter und mit Hilfe einer DNA-Analyse die geografische Herkunft des Schädels bestimmt werden, den die Forscher einer zum Todeszeitpunkt etwa 50 jährigen Frau aus dem Mittelmeerraum zuordnen. Bislang hat die katholische Kirche entsprechende Untersuchungen jedoch noch nie genehmigt.

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