Drei erdgroße Planeten in engem Doppelsternsystem entdeckt
Liége (Belgien) – Die Entdeckung von gleich drei erdgroßen Planeten in einem engen Doppelsternsystem zeigt, dass selbst in den instabilen Gravitationsumgebungen enger Doppelsterne komplexe Planetensysteme entstehen und bestehen können.

Copyright: Mario Sucerquia-University of Grenoble Alpes
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Wie das Team um Sebastián Zúñiga-Fernández, Mitglied der ExoTIC-Forschungsgruppe an der Université Liége aktuell im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/202554419) berichtet, handelt es sich bei dem System um das 190 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem mit der Bezeichnung „TOI-2267“.
Planeten um beide Sterne des Systems
„Unsere Analyse zeigt eine einzigartige Konfiguration: Zwei Planeten umkreisen den ersten Stern, während der dritte den Begleitstern umkreist“, so Zúñiga-Fernández. Damit sei TOI-2267 das erste bekannte Doppelsternsystem, in dem transistierende Planeten um beide Sterne nachgewiesen wurden – also Planeten, die aus irdischer Sicht regelmäßig vor ihren Sternen vorbeiziehen und dabei deren Licht kurzzeitig abschwächen.
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Das System selbst besteht aus zwei relativ kühlen roten Zwergsternen, die sich in enger Umlaufbahn umkreisen. Dies galt bislang als weniger geeignetes Umfeld für stabile Planetensysteme. Umso erstaunlicher ist der Fund gleich mehrerer erdgroßer Planeten mit kurzen Umlaufzeiten.
Herausforderung für gängige Modelle der Planetenentstehung
„Unsere Entdeckung bricht mehrere Rekorde“, sagt Francisco J. Pozuelos, Mitautor der Studie und Forscher am Instituto de Astrofísica de Andalucía (IAA-CSIC). „TOI-2267 ist das kompakteste und kälteste bekannte Doppelsternsystem mit Planeten – und das erste, in dem Planeten um beide Sterne nachgewiesen wurden.“
Die Daten stammen ursprünglich vom NASA-Weltraumteleskop TESS, doch zwei der drei Planeten wurden zunächst durch das von den Forschende selbst entwickelte Erkennungsprogramm SHERLOCK identifiziert. Diese frühe Entdeckung ermöglichte es, gezielte Nachbeobachtungen von der Erde aus zu starten.
Für die Bestätigung der Signale waren umfangreiche Messkampagnen notwendig, bei denen mehrere Observatorien beteiligt waren – darunter die von der Universität Lüttich betriebenen SPECULOOS- und TRAPPIST-Teleskope. Diese sind speziell auf die Beobachtung kleiner Exoplaneten um lichtschwache, kühle Sterne ausgelegt und spielten eine zentrale Rolle bei der Verifizierung und Charakterisierung des Systems.
Ein natürliches Labor für Planetendynamik
Die ungewöhnliche Anordnung macht TOI-2267 zu einem wertvollen Testfall für Theorien über Planetenentstehung. „Drei erdgroße Planeten in einem so kompakten Doppelsternsystem zu finden, ist eine einmalige Gelegenheit“, so Zúñiga-Fernández. „Damit können wir die Grenzen bestehender Modelle ausloten und besser verstehen, unter welchen Bedingungen sich Gesteinsplaneten in unserer Galaxie bilden können.“
Auch die Dynamik des Systems ist von besonderem Interesse: Die gravitative Wechselwirkung zwischen zwei Sternen galt bisher als zu störend, um langfristig stabile Bahnen kleiner Planeten zuzulassen. Der nun bestätigte Nachweis zeigt, dass stabile Konfigurationen dennoch möglich sind, möglicherweise sogar häufiger, als bisher angenommen.
Pozuelos betont: „TOI-2267 ist ein natürliches Labor, um zu verstehen, wie Planeten selbst unter extremen Bedingungen entstehen und überleben können.“
Ausblick: Weitere Untersuchungen mit JWST
Die Entdeckung wirft neue Fragen auf – etwa nach der genauen Masse, Dichte und möglichen Atmosphären der Planeten. Künftige Beobachtungen mit dem James Webb Space Telescope (JWST) und kommenden Großteleskopen könnten diese Werte präziser bestimmen und damit Aufschluss über ihre Zusammensetzung und potenzielle Bewohnbarkeit geben.
Über die wissenschaftliche Bedeutung hinaus unterstreicht der Fund die Effektivität kombinierter Beobachtungsstrategien: die Nutzung großer Weltraummissionen wie TESS in Verbindung mit spezialisierten bodengebundenen Teleskopen wie SPECULOOS und TRAPPIST. Diese Kombination ermöglicht es, selbst in komplexen Systemen kleinste Signale zu erkennen – und erweitert die Grenzen der Exoplanetenforschung.
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