Doch kein verborgener Ozean auf Saturnmond Titan?
Pasadena (USA) – Wie auf so vielen Monden im äußeren Sonnensystem, so galt bislang auch auf dem größten Saturnmond Titan ein unter der seiner Eiskruste verborgener globaler Wasserozean als sicher. Neue Ergebnisse stellen dieses Bild nun jedoch infrage.

Copyright: NASA/JPL/Space Science Institute – NASA
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Wie das Team den Planetenwissenschaftler Flavio Petricca vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: s41586-025-09818-x) berichtet, deuten die Neuauswertung von Daten der NASA-Raumsonde „Cassini“ daraufhin, dass Titan möglicherweise keinen globalen Ozean aus flüssigem Wasser unter seiner Eiskruste, sondern lediglich weit verbreitete lokale Flüssigkeitsansammlungen besitzt.
Hintergrund: Ein faszinierender Mond
Titan gilt seit Jahrzehnten als einer der faszinierendsten Himmelskörper des Sonnensystems. Mit einem Durchmesser von rund 5.150 Kilometern ist er sogar größer als der Planet Merkur. Zudem ist Titan der einzige Mond mit einer dichten Atmosphäre und – neben der Erde – der einzige bekannte Himmelskörper, auf dem ein atmosphärischer Flüssigkeitskreislauf (offene Meere, Seen, Flüsse, Regen usw.) existiert. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Wasser, sondern um Seen und Meere aus flüssigem Methan und Ethan.
Schon lange vermuten Forschende jedoch, dass sich unter Titans kilometerdicker Eiskruste zusätzlich ein globaler Ozean aus flüssigem Wasser befinden könnte. Hinweise darauf lieferten unter anderem Messungen der Gezeitenverformung: Titan wird durch die Gravitation des Saturn leicht gedehnt und gestaucht, was bislang als starkes Indiz für eine darunterliegende flüssige Schicht galt.
Alte Daten ergeben ein neues Bild
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um Petricca nutzten verbesserte Analysemethoden, um die sogenannten Radio-Tracking-Daten der Cassini-Mission neu auszuwerten. Diese Daten geben Aufschluss darüber, wie stark Titan auf die gravitativen Kräfte des Saturn reagiert und damit indirekt über seinen inneren Aufbau.
Das Ergebnis fiel unerwartet aus: Titan verformt sich weniger stark unter dem Schwerkrafteinfluss des Saturn, als es bei einem Körper mit einem ausgedehnten unterirdischen Ozean zu erwarten wäre. Daraus schließen die Forschenden, dass Titan wahrscheinlich keinen durchgehenden globalen Ozean besitzt.

Quelle: Petricca et al, Nature 2025
Stattdessen deute vieles darauf hin, dass sich unter der Eiskruste eine Schicht aus Eis nahe am Schmelzpunkt (sog. Eis III, IV, V) befindet, die jedoch aufgrund des hohen Drucks nicht vollständig verflüssigt ist. In dieser „schlammigen“ Eisschicht könnten sich zwar lokale Taschen aus flüssigem Wasser befinden, ein zusammenhängender Ozean sei jedoch unwahrscheinlich.
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Nach Einschätzung der Forschenden könnte Titan in seiner Frühzeit dennoch einen unterirdischen Ozean besessen haben. Damals könnte die Wärme aus radioaktiven Zerfallsprozessen im Inneren ausgereicht haben, um das Wasser flüssig zu halten. Mit der Zeit sei diese Wärmequelle jedoch zu schwach geworden, sodass der Ozean weitgehend gefroren sei. Petricca schließt allerdings nicht aus, dass Titan derzeit erneut in eine Phase zunehmender innerer Erwärmung eintritt.
Konsequenzen für Titan und andere Eiswelten
Die neuen Ergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für das Verständnis sogenannter Ozeanwelten im Sonnensystem. Sollten sich die Befunde bestätigen, könnten globale unterirdische Ozeane seltener sein als bislang angenommen. Damit würde sich auch die Einschätzung der potenziellen Lebensfreundlichkeit solcher Welten verändern.
Ob Titans neue, eher fragmentierte Wasserverteilung die Chancen für Leben erhöht oder verringert, ist derzeit noch offen. „Wir wissen nicht, ob weit verbreitete Flüssigkeitstaschen günstiger oder ungünstiger für mögliche Lebensprozesse sind als ein globaler Ozean“, so Petricca abschließend.
Künftige Missionen könnten jedoch für Klarheit sorgen. Besonders große Erwartungen ruhen derzeit auf der geplanten NASA-Mission „Dragonfly“. Hier soll eine auch flugfähige Landeeinheit den Titan ab den 2030er-Jahren erforschen. Mit direkten Messungen der Geologie und Chemie könnte Dragonfly entscheidend dazu beitragen, die inneren Strukturen des Mondes besser zu verstehen und damit auch seine Rolle als möglicher Lebensraum neu zu bewerten.
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Recherchequellen: Nature
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