Über 260 Wissenschaftler fordern Überprüfung der 5G-Technologie – Sogar NASA und NOAA warnen
Turku (Finnland) – „5G“ gilt als die Zauberformel für das datenschnelle Internet der Zukunft, soll es doch große Datenmenge fast gänzlich ohne Verzögerung übertragen. Zugleich mehren sich jedoch Bedenken gegen den Einsatz der Technologie und Befürchtungen vor gesundheitlichen Risiken. Zu diesen Kritikern gehören mittlerweile auch mehr als 260 Wissenschaftler, die so lange ein Moratorium der 5G-Technologie fordern, „bis diese auf ihre möglichen Risiken für Gesundheit und Umwelt ausreichend und von der Industrie unabhängig überprüft wurde“. Hinzu melden auch die US-Raumfahrtbehörde NASA und die US-Ozeanografiebehörde NOAA technische Bedenken gegen 5G an und warnen: „Der Einsatz könne die Möglichkeiten der präzisen Wettervorhersage dramatisch beeinflussen.“
Wie die bislang 261 allesamt akademischen Unterzeichner auf der Internetseite des „5G Appeal“ erläutern, werde „5G die Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (RF-EMF) zusätzlich zu 2G, 3G, 4G, Wi-Fi usw. für die bereits vorhandene Telekommunikation erheblich erhöhen“. Zudem seien „RF-EMF nachweislich schädlich für Mensch und Umwelt“.
Das auch von der Industrie zugestandene Problem: Die 5G-Technologie ist nur auf kurze Distanz wirksam und wird schlecht durch festes Material übertragen. Aus diesem Grund würden viele neue Antennen erforderlich, und die vollständige Implementierung werde dazu führen, dass alle 10 bis 12 Häuser Antennen in städtischen Gebieten installiert werden, wodurch die obligatorische Exposition massiv erhöht werde.
„Mit dem immer umfangreicheren Einsatz von Funktechnologien kann es niemand vermeiden, sich der Gefahr auszusetzen. Denn zusätzlich zu der gestiegenen Zahl von 5G-Sendern (auch in Wohngebäuden, Geschäften und Krankenhäusern) werden Schätzungen zufolge „10 bis 20 Milliarden Anschlüsse“ (an Kühlschränke, Waschmaschinen, Überwachungskameras, selbstfahrende Autos und Busse usw.) Teil des ‚Internet der Dinge‘ werden. Alle diese Faktoren zusammen können die langfristige Exposition aller EU-Bürger gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern erheblich erhöhen.“
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Im Gegensatz zur Beteuerung der entsprechende Geräte vertreibenden Industrie, sind – laut den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des „5G Appeal“ – „schädliche Wirkungen der HF-EMF-Exposition bereits nachgewiesen“. Deshalb bekunden sie auch ihre „ernsthafte Besorgnis“ angesichts der „allgegenwärtigen und zunehmende Belastung durch elektromagnetische Felder, wie sie durch elektrische und drahtlose Geräte verursacht werden.“
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Forscherinnen und Forscher verweisen darauf, dass „zahlreiche neuere wissenschaftliche Veröffentlichungen gezeigt haben, dass EMF-Strahlung lebende Organismen weit unter den meisten internationalen und nationalen Richtlinien beeinflusst“. Zu den Auswirkungen zählen die Unterzeichner ein „erhöhtes Krebsrisiko, zellulärer Stress, eine Zunahme schädlicher freier Radikale, genetische Schäden, strukturelle und funktionelle Veränderungen des Fortpflanzungssystems, Lern- und Gedächtnisdefizite, neurologische Störungen und negative Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden des Menschen.“ Die beschriebenen Schäden gehen demnach weit über die menschliche Rasse hinaus, da zunehmend schädliche Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere zu beobachten seien.
Nachdem der Aufruf der Wissenschaftler erstmals im Jahr 2015 verfasst worden war, haben weitere Untersuchungen ernsthafte Gesundheitsrisiken durch HF-EMF-Felder aus der Funktechnologie überzeugend bestätigt: „Die weltweit größte Studie (25 Millionen US-Dollar) des National Toxicology Program (NTP) zeigt einen statistisch signifikanten Anstieg der Inzidenz von Gehirn- und Herzkrebs bei Tieren, die EMF ausgesetzt sind, unterhalb der ICNIRP-Richtlinien (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) die meisten Länder. Diese Ergebnisse stützen die Ergebnisse epidemiologischer Studien zum Risiko von HF-Strahlung und Hirntumoren beim Menschen. Eine große Anzahl von wissenschaftlichen Gutachten, die von Experten begutachtet wurden, belegen, dass EMF die menschliche Gesundheit schädigt.“
Hintergrund: Auch NASA und NOAA warnen vor 5G
Unabhängig vom 5G Appeal“ warnen auch die US-Raumfahrtbehörde NASA und der US-Ozeanografiebehörde NOAA davor, dass die Technologie von 5G die Möglichkeiten der präzisen Wetter- und Katastrophenvorhersage dramatisch beeinträchtigen werde. Die hinter 5G stehende Industrie bestreitet diese Bedenken hingegen vehement.Hintergrund des bereits seit mehreren Monaten schwelenden Streits zwischen NASA, NOAA und der 5G-Industrie ist die Befürchtung der beiden Behörden, die mit ihren Erdbeobachtungstechnologien in großem Maßstab zur Wetterbeobachtung und damit zur Wetter- und Katastrophenvorhersage beitragen, der neue Mobilfunkstandard könne genau diese technologischen Möglichkeiten „um 40 Jahre zurückwerfen“ und so Wissenschaftlern die Fähigkeit nehmen, beispielsweise katastrophale Hurrikans und andere Katstrophen vorherzusagen, und Menschen so rechtzeitig warnen und evakuieren zu können.
Wie u.a. die „Washington Post“ berichtet (1, 2, 3) basierenden die Befürchtungen von NASA und NOAA auf der Nähe des für 5G genutzten Funkfrequenzbereichs von 24GHz, der äußerst nahe zu genau jenen Frequenzen liegt, mit denen etwa Mikrowellen-Satelliten Wasserdampf beobachten und so Wetterveränderungen erkennen können. NOAA und NASA befürchten, dass die Frequenzen sich gegenseitig stören könnten, wodurch beispielsweise zu wenig Zeit bleibe, vor einem Hurrikan rechtzeitig zu warnen. Auf diese Weise, so warnten NOAA-Chef Neil Jacobs und NASA-Chef Jim Bridenstine jüngst vor dem House Subcommittee on the Environment, könnten „bis zu 77 Prozent derzeit ermittelten Daten zukünftig verloren gehen, wodurch eine Wettervorhersage um bis zu 30 Prozent ungenauer werden“. Das wiederum entspräche dem Genauigkeitsstandard der frühen 1980er Jahre und würde zu einer Verkürzung der Vorwarnzeit für Hurrikans um etwa 2 bis 3 Tage im Vergleich zu den heutigen Möglichkeiten führen.
Die angesprochene 5G-Industrie wehrt sich indes gegen die Bedenken und erklärte, man habe die Emissionspegel der benachbarten 5G-Signale (24,25- 27,5 GHz) bereits derart verringert, dass die befürchteten Störungen auszuschließen seien. Laut NASA und NOAA reiche dies allerdings nicht aus, um die Befürchtungen entkräften zu können.
Auch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), kam 2011 zu dem Schluss, dass EMFs mit Frequenzen von 30 kHz bis 300 GHz „möglicherweise für den Menschen krebserregend sind“ (…GreWi berichtete).
Neue Studien wie die oben erwähnte NTP-Studie und mehrere epidemiologische Untersuchungen, einschließlich der neuesten Studien zur Handynutzung und zu Hirntumorrisiken, bestätigen hingegen, dass die HF-EMF-Strahlung für den Menschen krebserregend ist.
In der EUROPA EM-EMF-Richtlinie von 2016 heißt es zudem: „Es gibt starke Hinweise darauf, dass die langfristige Exposition gegenüber bestimmten EMF ein Risikofaktor für Krankheiten wie bestimmte Krebsarten, die Alzheimer-Krankheit und die männliche Unfruchtbarkeit, sowie für Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Depressionen, Energiemangel, Müdigkeit und grippeähnliche Symptome ist“.
Tatsächlich, so führt der „5G Appeal“ weiter aus, leide ein zunehmender Teil der europäischen Bevölkerung unter Krankheitssymptomen, die in der wissenschaftlichen Literatur seit vielen Jahren mit der Exposition gegenüber EMF und Funkstrahlung in Verbindung gebracht werden: „In der internationalen wissenschaftlichen Erklärung zu EHS und multipler chemischer Empfindlichkeit (MCS), Brüssel 2015, heißt es deshalb: „Angesichts unserer derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse betonen wir damit alle nationalen und internationalen Organisationen und Institutionen…, EHS und MCS als echte medizinische Zustände anzuerkennen. (…). “
Die Unterzeichner verweisen bei ihrer Forderung auf das 2005 von der UNESCO verabschiedete Vorsorgeprinzip: „Wenn menschliche Aktivitäten zu moralisch inakzeptablen Schäden führen können, die wissenschaftlich plausibel, aber unsicher sind, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Schäden zu vermeiden oder zu verringern.“ Auch die Resolution 1815 des Europarats von 2011 erklärt hierzu: „Ergreifen Sie alle angemessenen Maßnahmen, um die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern, insbesondere gegenüber Funkfrequenzen von Mobiltelefonen, und insbesondere die Exposition gegenüber Kindern und Jugendlichen, die am stärksten von Kopftumoren bedroht zu sein scheinen, zu verringern. Die Versammlung empfiehlt nachdrücklich die Anwendung des ALARA-Prinzips (so niedrig wie möglich), das sowohl die sogenannten thermischen Effekte als auch die nicht-thermischen oder biologischen Effekte von elektromagnetischen Emissionen oder Strahlung abdeckt und die Risikobewertungsstandards verbessert und deren Qualität sichert.“
Vor diesen Hintergründen fordern die Unterzeichner abschließend von der EU folgende Maßnahmen:
1) Das Ergreifen sämtlicher angemessenen Maßnahmen, um die 5G-RF-EMF-Ausdehnung so lange zu stoppen, bis unabhängige Wissenschaftler sicherstellen können, dass 5G und die durch RF-EMF verursachten Gesamtstrahlungswerte (5G zusammen mit 2G, 3G, 4G und WiFi) keine schädlichen Auswirkungen auf EU-Bürger, insbesondere Säuglinge, Kinder und schwangere Frauen, sowie die Umwelt haben.
2) Es wird empfohlen, dass alle EU-Länder, insbesondere ihre Strahlenschutzbehörden, die Resolution 1815 befolgen und die Bürger, einschließlich Lehrer und Ärzte, über Gesundheitsrisiken durch HF-EMF-Strahlung informieren, wie und warum eine drahtlose Kommunikation, insbesondere in/in der Nähe von z , Kindertagesstätten, Schulen, Heime, Arbeitsplätze, Krankenhäuser und Altenpflege, reduziert oder vermieden werden sollte.
3) Sofortige Ernennung einer EU-Task Force von unabhängigen, wirklich unparteiischen Wissenschaftlern aus den Bereichen EMB und Gesundheit ohne Interessenkonflikte ohne Einfluss der Industrie, um die Gesundheitsrisiken neu zu bewerten und:
a) die Festlegung neuer, sicherer „Maximalstandards für die Gesamtexposition“ für die gesamte drahtlose Kommunikation innerhalb der EU.
b) Untersuchung der gesamten und kumulativen Exposition von EU-Bürgern.
c) Schaffung von Regeln, die innerhalb der EU vorgeschrieben / durchgesetzt werden, um zu verhindern, dass die neuen „EU-Grenzwerte für die Gesamtexposition“ für alle Arten von EMF überschritten werden, um die Bürger, insbesondere Säuglinge, Kinder und schwangere Frauen, zu schützen.
4) Zu verhindern, dass die Mobilfunk-/Telekommunikationsbranche durch ihre Lobbyorganisationen EU-Beamte dazu überredet, Entscheidungen über die weitere Verbreitung von HF-Strahlung einschließlich 5G in Europa zu treffen.
5) Bevorzugung und Implementierung der drahtgebundenen digitalen Telekommunikation anstelle der drahtlosen.
– Die umfangreiche (bislang allerdings lediglich englischsprachige) Internetseite des „5G Appeal“ finden Sie HIER
– Eine Übersicht über Standpunkte und Vorhaben des Strahlenschutz-Bundesamtes zu 5G finden Sie HIER
– Technische Informationen zu 5G finden Sie HIER
…GreWi-Dossier: Gesundheitsrisko durch Mobilfunkstrahlung?
EU-geförderte Analyse: Elektromagnetische Funkstrahlung von Stromleitungen und Mobilfunk stellt ein potentielles Risiko für Tier- und Pflanzenwelt dar 24. Mai 2018
Tierstudie legt Verbindung zwischen Mobilfunkstrahlung und Krebs nahe 30. Mai 2016
Neue Studie warnt vor Hirntumoren durch mobile Vieltelefonie 16. Mai 2014
Studie offenbart Verbindung zwischen mobilem Vieltelefonieren und oxidativem Zellstress als Hauptrisikofaktor für Krebs 30. Juli 2013
Schüler-Experiment zu Mobilfunkstrahlung: Pflanzen keimen nicht in der Nähe von Netzwerk-Routern – Wissenschaftler zeigen Interesse 25. Mai 2013
Wissenschaftlervereinigung warnt: Mobilfunk-Nutzung fördert Stress und Burn-Out 5. Februar 2013
Norwegische Studie findet keine Beweise für Gesundheitsrisiko durch Mobilfunk und Funknetzwerke 18. September 2012
Mobilfunk während Schwangerschaft kann zu Verhaltensstörungen des Nachwuchses führen 16. März 2012
Elektrosmog erhöht Asthmarisiko für Neugeborene 3. August 2011
WHO klassifiziert elektromagnetische Felder durch Mobilfunk erstmals als “möglicherweise krebserregend” 1. Juni 2011
Studie belegt Einfluss elektrischer Felder auf Hirnaktivität 27. August 2010
Internationale Studie zu Krebsrisiko durch Mobilfunk liefert kontroverses Ergebnis 19. Mai 2010
Neue Studie bestätigt athermische Wirkung von Mobilfunkstrahlung 25. Juli 2009
Bundesamt für Strahlenschutz: Keine Gesundheitsrisiken durch Mobilfunk – ABER… 19. Juni 2008
Kritik an Mobilfunk-Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz 20. Juni 2008
Wiener Studien zu Gefahren durch Mobilfunk wurden gefälscht 27. Mai 2008
Neue Expertenstudie: “Mobiltelefone gefährlicher als Rauchen oder Asbest” 31. März 2008
Mobiltelefone stören den Schlaf 21. Januar 2008
Neue Langzeitstudie: Mobiltelefonie erhöht doch das Krebsrisiko 9. Oktober 2007
Quelle: 5G Appeal, Washington Post
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