Zentauren: Astronomen finden 19 weitere potentiell interstellare Objekte im Sonnensystem

Symbolbild: Asteroid (Illu.). Copyright/Quelle: CharlVera (via Pixabay.com) / Pixabay License
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Copyright/Quelle: CharlVera (via Pixabay.com) / Pixabay License (bearb.: grewi.de)

Nizza (Frankreich) – Bei ihrer Suche nach den möglichen Ursprüngen einiger sogenannter Zentauren – also Objekte einer Klasse von Asteroiden und Kometen, die zwischen den Umlaufbahnen von Jupiter und Neptun um die Sonne umkreisen – haben Astronomen 19 dieser Objekte identifiziert, die nicht in unserem eigenen Sonnensystem entstanden sind, also wie die Objekte 1I/ʻOumuamua und 2I/Borsiov interstellaren Ursprungs zu sein scheinen.

Wie Fathi Namouni vom Observatoire de la Côte d’Azur der Université Côte d’Azur und Maria Helena Morais von der Universidade Estadual Paulista im brasilianischen Rio Claro aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (DOI: 10.1093/mnras/staa712) berichten, haben sie die möglichen Ursprünge von 17 sog. realen Zentauren mit hoher Neigung und der beiden transneptunischen Objekte (also Objekte jenseits der Neptunbahn, TNOs) „2008 KV42“ und „2011 KT19“ mithilfe einer hochauflösenden statistischen Suche nach stabilen Umlaufbahnen, und deren Entwicklung seit Entstehung des Sonnensystems bis zu jener Epoche simuliert, als die Planetenbildung vor rund 4,5 Milliarden Jahren endete.

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Diese Simulationen zeigen, dass im Gegensatz zu ‘Oumuamua und Borisov, diese Objekte die Sonne bereits seit mehr als 4,5 Milliarden Jahren umkreisen, dass sie aber zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems selbst zu weit entfernt von der protoplanetaren Scheibe (aus der heraus sich die Objekte des Sonnensystems wie Kometen, Asteroiden, Planeten und Monde formten),  waren, als dass sie Teil dieses Entstehungsprozess gewesen sein konnten. Vielmehr legen die Simulationen stattdessen nahe, dass es sich um von unserer Sonne eingefangene Objekte aus anderen, damaligen Nachbarsystemen handeln muss.

Die nun beschriebenen 19 Objekte – und vermutlich zahlreiche weitere – hätten demnach zuvor Milliarden Jahren lang einen anderen Stern umkreist – zu Zeiten, als unsere Sonne und ihre Nachbarsterne sich noch deutlich näher waren als heute.

„Es war diese Nähe der Sterne, die dazu geführt hat, dass deren Gravitation sehr viel stärker aufeinander wirkte als heute“, erläutert Namouni. Sollte sich die die Vermutung der beiden Astronomen und Geologen bestätigen, „wäre die Entdeckung einer ganzes Population von Objekten interstellaren Ursprungs ein wichtiger Schritt nicht nur hin zu einem besseren Verständnis der physikalischen und chemischen Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten zwischen unserem eigenen Sonnensystem und den Planetensystemen um heute ferne Sterne“, fügt Morais hinzu.

Hintergrund
Schon vor zwei Jahren haben Namouni und Morais den retrograden Asteroiden „2015 BZ509“, der seit rund 4,5 Milliarden Jahren die Sonne auf der Jupiterbahn, allerdings in entgegengesetzter Richtung zum Gasriesen und den meisten anderen Körpern (eben retrograd) umrundet, als interstellares Objekt identifiziert, das ebenfalls seit den Kindertagen unseres Sonnensystems die Sonne umkreist (…GreWi berichtete).

Eine weitere Analyse dieser Objekte könnte dann zukünftig dabei behilflich sein, jenen Sternenhaufen zu identifizieren, in dem einst auch unserer eigenen Sonne entstand und Informationen darüber liefern, die interstellare Asteroiden eingefangen wurden und werden. „Auch die Rolle, die interstellare Materie bei der chemischen Anreicherung des Sonnensystems spielte und somit auch dessen Entwicklung beeinflusste“, so die Autoren abschließend.

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Quelle: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society

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