Proxima Centauri: Astronomen suchen Erdplaneten um unsere rote „Nachbarsonne“

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Hubble-Aufnahme von Proxima Centauri

Copyright: ESA/NASA/Hubble

La Silla (Chile) – Der unserer Sonne nächstgelegene Stern ist der Rote Zwergstern Proxima Centauri. Hinweise darauf, dass dieser von mindestens einem Planeten umkreist wird, haben sich in jüngerer Zeit mehr und mehr verdichtet. Jetzt startet die Europäische Südsternwarte (ESO) ein öffentliches Projekt zur gezielten Suche nach einem dortigen erdähnlichen Planeten. Zugleich bietet im Februar 2016 eine einmalige astronomische Konstellation ideale Bedingungen zur Planetensuche um Proxima.

In Anlehnung an die ikonografische Aufnahme der Voyager-1-Sonde von 1990, die unsere Erde nur noch als kleinen, schwach-blauen Punkt im All – den „Pale Blue Dot“ – zeigt, steht das am 15. Januar 2016 gestartete ESO-Projekt unter dem Titel „Pale Red Dot“ – sucht es doch mit indirekten Nachweismethoden nach einem erdähnlichen Planeten um den Roten Zwerg Proxima Centauri – kurz: Proxima.

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4,2 Lichtjahre von der Erde entfernt, im Sternbild Zentaur (Centaurus) gelegen, ist Proxima Centauri einer von geschätzten 160 Milliarden Roten Zwergen alleine in der Milchstraße. Damit zählen Rote Zwergsterne zur größten Population von Sternen überhaupt. Proxima Centauri aber ist besonders: Es handelt sich dabei um den der Sonne am nächstgelegenen bislang bekannten Stern.

„Die Entdeckung eines Planeten mit erdähnlichen Eigenschaften um den unserer Sonne nächsten Stern, also in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft, wäre eine bedeutende Entdeckung“, erläutert die ESO zum Projekt und führt weiter aus: „Nach vielen Jahren der Beobachtung durch unterschiedliche Teams, wurde mittlerweile ein Signal ausgemacht, dass auf einen erdartigen Planeten um Proxima hinweisen könnte. Diesen Planeten wollen wir im Rahmen von „Pale Red Dot“ nun versuchen zu bestätigen. Durch eine weitreichende Veröffentlichung und Übertragung unserer Fortschritte über unterschiedliche Kanäle wollen wir zudem die sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik einem größeren Publikum nahebringen und eine neue Generation von Wissenschaftlern inspirieren.“

Die geplanten Beobachtungen mit dem HARPS-Instrument (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher) am La-Silla-Observatorium in Chile sollen – so es die Wetterlage erlaubt – schon in den kommenden Tagen beginnen und bis Ende März andauern. Danach beginnt dann die Auswertung und schlussendlich der Weg hin zu einer expertenbegutachteten Publikation (Peer Review) der gesammelten Daten. Alle Schritte sollen in regelmäßigen Abschnitten dokumentiert und veröffentlicht werden.

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Mit dem hochsensiblen Spektrografen soll die Eigenbewegung von Proxima Centauri nach kleinsten Schwankungen vermessen werden, wie sie – im Falle eines tatsächlich vorhandenen Planeten – von dessen minimaler Schwerkraftwirkung auf seinen Stern hervorgerufen würden. Um auszuschließen, dass ein entsprechendes Signal nicht auch durch die eigenen „Sonnenaktivität“ von Proxima selbst nur vorgetäuscht wird, werden die HARPS-Messungen durch begleitender Beobachtungen weiterer Teleskop rund um den Globus abgeglichen. Konkrete Ergebnisse erwarten die ESO-Forscher allerdings erst nach Abschluss des vollständigen wissenschaftlichen Prozesses und der Peer-Review der Fachpublikation. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.

– Die Internetseite von der „Pale-Red-Dot“-Kampagne finden Sie HIER

Zugleich kommt es im Februar 2016 auch zu einer seltenen Sternenkonstellation, die es Astronomen ermöglichen wird, mit den Weltraumteleskopen „Hubble“ der NASA aber und dem europäischen Weltraumteleskop „Gaia“, sowie mit dem „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) nach erdgroßen Planeten zu suchen, Proxima Centauri umkreisen könnten. Dann zieht Proxima – von uns aus betrachtet – vor zwei Hintergrundsternen vorbei.

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Schaubild zur seltenen Konstellation 2014 und 2016, bei der Proxima Centauri, von der Erde aus betrachtet, vor zwei Hintergrundsternen vorbeiziehen und dann deren Abbilder als Gravitationslinse verzerren wird.


Copyright: NASA, ESA, K. Sahu and J. Anderson (STScI), H. Bond (STScI and Penn State), M. Dominik (University of St. Andrews), and Digitized Sky Survey (STScI/AURA/UKSTU/AAO)

Zur Hilfe kommt den Astronomen dann der sogenannte Mikrolinseneffekt, wie er hervorgerufen wird, wenn ein Stern – aus unserer Perspektive betrachtet – im Vordergrund genau vor einem oder mehreren Hintergrundsternen vorbeizieht und dabei das Abbild dieser Hintergrundsterne durch seine Schwerkraft – einer Vergrößerungslinse ähnlich – verzerrt, gleichzeitig vergrößert und um sich herum leitet.

Solche Mikrolinseneffekte können mehrere Stunden bis Tage andauern und ermöglichen es Astronomen, die Masse des Roten Zwergsterns genau zu vermessen. Angesichts einer solchen exakten Massenbestimmung, können die Wissenschaftler dann auch auf die Temperatur des Sterns, seinen Durchmesser, seine spezifische Helligkeit und Langlebigkeit rückschließen.

Während der Ereignisse wird besonders die optische Verschiebung der Hintergrundsterne und deren Abweichung von ihrer normalen Sichtbarkeit von Interesse sein, da sich anhand dieser Abweichung die Masse des Sterns genau ermitteln lässt. Sollte der Zwergstern zudem planetare Begleiter haben, so würden diese eine zweite, wenn auch deutlich kleinere Verschiebung hervorrufen.

Da Proxima Centauri der Erde so nahe ist, wird der Mikrolinseneffekt auch deutlich stärker ausfallen bzw. zu beobachten sein, als angesichts weiter entfernter Sterne. Dennoch werden nur die leistungsstarken Weltraumteleskope „Hubble“ (NASA), Gaia (ESA) und das erdgebundene Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarten (ESO) auf dem chilenischen Paranal 2014 und 2016 in der Lage sein, die leichten Schwankungen zu registrieren und zu vermessen.

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