Kosmische Strahlung könnte Leben unter der Oberfläche des Mars und anderer Planeten ermöglichen
Abu Dhabi (Vereinigten Arabischen Emirate) – Hochenergetische Teilchen aus dem All, sogenannte kosmische Strahlen, könnten die nötige Energie liefern, um unterirdisches Leben auf Planeten und Monden in unserem Sonnensystem zu ermöglichen. Diese Ergebnisse einer aktuellen Studie stellen die traditionelle Annahme infrage, dass Leben nur in der Nähe von Sonnenlicht oder vulkanischer Wärme existieren kann.

Copyright: NASA/JPL/University of Arizona
Wie das Team um Dimitra Atri vom Space Exploration Laboratory am Center for Astrophysics and Space Science (CASS) an der New York University of Abu Dhabi (NYUAD) aktuell im „International Journal of Astrobiology“ (DOI: 10.1017/S1473550425100025) berichtet, konnten sie in Experimenten zeigen, dass kosmische Strahlung in bestimmten Umgebungen nicht nur harmlos sein kann, sondern mikroskopisch kleinem Leben sogar das Überleben ermöglichen könnte.
In den Experimenten untersuchte das Team, was passiert, wenn kosmische Strahlen unterirdisch auf Wasser oder Eis treffen. „Der Aufprall spaltet Wassermoleküle auf und setzt dabei winzige Teilchen frei, sogenannte Elektronen. Ähnlich wie Pflanzen Sonnenlicht verwenden, können einige irdische Bakterien auf der Erde diese Elektronen zur Energiegewinnung nutzen. Dieser Prozess wird Radiolyse genannt und könnte so Leben selbst in dunklen, kalten Umgebungen ohne Sonnenlicht mit Energie versorgen.
Mithilfe von Computersimulationen untersuchten die Forschenden weiter und ganz konkret, wie viel Energie dieser Prozess auf dem Mars sowie auf den eisigen Monden von Jupiter und Saturn liefern könnte. Letztere sind von dicken Eisschichten bedeckt, unter denen nach aktuellem Forschungsstand Wasserozeane verborgen sind. Laut Studie weist im Sonnensystem der Saturnmond Enceladus das größte Potenzial zur Unterstützung von Leben auf diese Weise, gefolgt vom Planeten Mars und dem Jupitermond Europa.
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„Diese Entdeckung verändert unsere Vorstellung davon, wo Leben existieren könnte“, sagte Atri. „Anstatt nur nach warmen Planeten mit Sonnenlicht zu suchen, können wir jetzt auch Orte in Betracht ziehen, die kalt und dunkel sind. Voraussetzung ist, dass sie etwas Wasser unter der Oberfläche haben und kosmischer Strahlung ausgesetzt sind. Leben [wenn auch vermutlich nur in einfacher Form] könnte somit an weit mehr Orten überleben, als wir je für möglich gehalten haben.“
Mit ihrer Studie führen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein neues Konzept ein: die sogenannte Radiolytische Habitable Zone. Im Gegensatz zur traditionellen, potenziell lebensfreundlichen „habitablen Zone“ (jenem Abstandsbereich um einen Stern, in dem auf der Planetenoberfläche aufgrund gemäßigter Temperaturen flüssiges Wasser existieren könnte), konzentriert sich diese neue Zone auf Orte, an denen sich unterirdisches Wasser befindet, das durch kosmische Strahlung buchstäblich energetisiert werden kann. Da kosmische Strahlen im gesamten Weltraum vorkommen, könnte das bedeuten, dass es weitaus mehr potenziell lebensfreundliche Orte im Universum gibt, als bisher angenommen.
Die Erkenntnisse liefern zudem neue Orientierungspunkte für künftige Weltraummissionen. Anstatt nur nach Lebenszeichen an der Oberfläche zu suchen, könnten Wissenschaftler künftig auch unterirdische Umgebungen auf dem Mars und den Eismonden untersuchen – mit Instrumenten, die chemische Energie nachweisen können, die durch kosmische Strahlung erzeugt wurde.
Diese Forschung eröffnet spannende neue Perspektiven bei der Suche nach außerirdischem Leben und legt nahe, dass selbst die dunkelsten und kältesten Orte im Sonnensystem geeignete Bedingungen für die Existenz von Leben bieten könnten.
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Recherchequelle: New York University
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