Studie zeigt, wie aus realistischen Darstellungen von Elchen wolfsartige Wesen wurden
Eugene (USA) – Eine aktuelle Studie von Felszeichnungen von Elchen zeigt, wie sich diese Darstellungen über Jahrtausende von realistischen Naturabbildungen zu stilisierten, fast wolfsähnlichen Fantasiegestalten gewandelt haben.

Copyright/Quelle: Photograph: Gary Tepfer, E. Jacobsen-Tepfer, Cambridge Archaeological Journal 2025
Inhalt
Wie die Archäologin Dr. Esther Jacobson-Tepfer von der University of Oregon aktuell und ebenso reichhaltig wie anschaulich bebildert im „Cambridge Archaeological Journal“ (DOI: 10.1017/S0959774325000137) anschaulich darlegt, haben sich die ursprünglich fast schon realistischen Darstellungen von Elchen in der mongolischen Felskunst über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg zu wolfsartigen Wesen entwickelt. In ihrer Arbeit verknüpft die Wissenschaftlerin diese Veränderungen mit Umweltwandel und gesellschaftlichen Umbrüchen.
Wandel von naturalistisch zu mythologisch-symbolisch
Frühe Elchdarstellungen in Form von Felsgravuren aus dem späten Paläolithikum (vor rund 12.000 Jahren) zeigen realistische, detailgetreue Tiere – oft in statischer Seitenansicht, gemeinsam mit anderen damaligen Tierarten wie Mammuts oder Wollnashörnern. Gemalte Bilder sind aus der Region extrem selten, da sie die rauen Witterungsbedingungen nicht überdauert haben; einzig ein gemalter Fund aus der Höhle Khoit Tsenkir ist bislang bekannt.
Mit der Zeit wurden diese Darstellungen dann jedoch lebendiger: „Die Elche erscheinen aktiver, in Bewegung, und vermehrt im Zusammenhang mit menschlicher Aktivität – etwa in Jagdszenen“, berichtet die Forscherin. Dieser Wandel setzte vor allem in der Bronzezeit ein. Parallel dazu begann eine zunehmende Stilisierung: „Die Körper wurden langgezogener, Geweihe übertrieben groß dargestellt. Im späteren Verlauf nahmen die Elchfiguren dann immer abstraktere Formen an – mit vogelähnlichen Schnauzen und Körpern, die eher an Wölfe als an Elche erinnern.
Parallelen zum Wandel in Natur und Kultur
In diesem Wandel der künstlerischen Darstellung der mit zu den größten Tieren der damaligen Zeit zählenden Elche sieht Jacobson-Tepfer eine Verbindung zu klimatischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen: „Während des mittleren und späten Holozäns wurde das Klima in der eurasischen Steppe kühler und trockener, Wälder zogen sich zurück – und mit ihnen die Elchpopulation. Jäger mussten sich in höhere Gebirgslagen zurückziehen, Hirten ihre Herden weiter treiben.“ Diese Mobilität zeige sich auch in der Verlagerung von Felskunststandorten in größere Höhenlagen.

Copyright/Quelle: Photograph: Gary Tepfer, E. Jacobsen-Tepfer, Cambridge Archaeological Journal 2025
Mit dem Übergang zur halbnomadischen Weidewirtschaft veränderte sich dann die Lebensweise der Menschen grundlegend. „Pferde wurden zunächst als Lasttiere, später auch als Reittiere in den Alltag integriert. Mit wachsender Mobilität wandelten sich auch soziale Strukturen – persönliche Ausrüstung wurde zunehmend mit Tiermotiven geschmückt, vermutlich als Ausdruck von Status, Clan-Zugehörigkeit oder symbolischer Bedeutung.“
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In diesem Prozess verlor der Elch seine ursprüngliche Bedeutung als realistisches Naturmotiv. „Stattdessen wurde er zum abstrakten Symbol mit sozialem oder spirituellem Gehalt. Letztlich verschwand das Elchmotiv im Verlauf der Turkzeit ganz aus der Felskunst.“
Der Wandel in der Darstellung des Elchs spiegelt demnach nicht nur künstlerische, sondern auch tiefgreifende kulturelle und ökologische Veränderungen wider – vom naturverbundenen Jäger über den mobilen Hirten bis hin zu komplexen sozialen Strukturen mit neuen Symbolsystemen.
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Recherchequelle: Cambridge Archaeological Journal
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