Weitere Belege für Biomarker auf Exoplanet K2-18b und erneute Kontroverse
Cambridge (Großbritannien) – Seit der Entdeckung der chemischen Signaturen von Kohlendioxid, Methan und nicht zuletzt von Dimethylsulfid (DMS) in der Atmosphäre des 124 Lichtjahre entfernten Exoplaneten „K2-18b“ diskutieren Astrobiologen kontrovers darüber, ob es sich dabei um den bislang besten Hinweis für außerirdisches Leben handelt. Nach Kritik an der Interpretation der Daten des Webb-Weltraumteleskops, haben die Forschenden diese erneut überprüft und sehen ihre Lesart bestätigt.

Copyright: A. Smith/N. Mandhusudhan
Inhalt
Chronologie der Entdeckung und Debatte
Erstmals berichtete das Team um Nikku Madhusudhan von der University of Cambridge im September 2023 im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“ von der Entdeckung der Molkeküle und potenziellen Biomarker in der Atmosphäre von „K2-18b“ (…GreWi berichtete).

Im Mai 2024 stellte eine neue Analyse der Daten des James Webb Space Telescope (JWST) durch ein Forscherteam um Shang-Min Tsai von der University of California, Riverside, diese erste Interpretation infrage. Die Forschenden erklärten im gleichen Journal, dass sich das DMS-Signal stark mit dem von Methan überschneide und man glaube, dass eine Unterscheidung zwischen DMS und Methan außerhalb der Fähigkeiten dieses Instruments liegt (…GreWi berichtete).
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Im April 2025 legten dann Madhusudhan, Kolleginnen und Kollegen dann ihrerseits (erneut im „The Astrophysical Journal Letters“) nach und präsentierte neue Webb-Messungen, die sie als bislang stärksten Hinweise auf die chemischen Fingerabdrücke der möglichen Biomarker Dimethylsulfid (DMS) und/oder Dimethyldisulfid (DMDS) in der Atmosphäre des Planeten beschrieben (…GreWi berichtete)

Hintergrund: Die Biomarker DMS und DMDS
Auf der Erde werden DMS und DMDS ausschließlich von Leben erzeugt, hauptsächlich von mikrobiellen Lebensformen wie marinem Phytoplankton. Auch wenn ein bislang unbekannter chemischer Prozess die Quelle dieser Moleküle in der Atmosphäre von K2-18b sein könnte, stellen die nun bestätigten Ergebnisse dennoch den bislang stärksten Hinweis darauf dar, dass Leben auf einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems existieren könnte.
Ende April 2025 stellte dann Dr. Jake Taylor vom Department of Physics an der Universität Oxford in einer vorab via ArXiv.org veröffentlichten Re-Analyse der Daten, die Lesart Madhusudhans erneut infrage und erklärte, dass diese Auswertung keine starke statistische Evidenz für das Vorhandensein von DMS oder anderen Biosignatur-Gasen auf Basis der MIRI/LRS-Transmissions-Spektroskopie des Webb-Teleskops liefern würden: „Trotz der Behauptung einer 3,4-Sigma-Abweichung von einer flachen [Null-Detektion] Linie, sehe ich, dass gerade auch eine solche flache Linie eine akzeptable Anpassung darstellt.“ (…GreWi brichtete)
In einer weiteren Veröffentlichung, ebenfalls vorab via ArXiv.org, legten Luis Welbanks von der Arizona State University und Kollegen nahe, dass Madhusudhans Team zahlreiche alternative Moleküle, die zu den Webb-Daten passen könnten, nicht berücksichtigt hatten. Weiter erklärten sie, dass, würde der betrachtete Molekülpool von ursprünglich 20 auf 92 erweitert, ist DMS nicht länger die einzige Erklärung bleibe.
Hintergrund: K2-18b
Entdeckt wurde der ferne Planet „K2-18b“ 2015 in gerade einmal 124 Lichtjahre Entfernung im Sternbild Löwe. 2023 folgte dann die erste Detektion von Kohlendioxid, Methan und Dimethylsulfid in der Atmosphäre des Planeten. Der Nachweis von Methan und Kohlendioxid sowie kleinen Mengen an Ammoniak in der Atmosphäre von K2-18b unterstrich bereits damals die Hypothese, wonach der Planet eine wasserstoffreiche Atmosphäre und einen globalen Ozean besitzen könnte. Zudem umkreist der Planet seinen Stern innerhalb dessen habitabler, also potenziell lebensfreundlicher Zone – jener Abstandsregion also, innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit aufgrund gemäßigter Temperaturen auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser (und damit die Grundlage des zumindest uns bislang bekannten Lebens) existieren kann. Frühere Beobachtungen des Planeten legen nahe, dass „K2-18b“ 8,6-mal so massereich und 2,6-mal so groß wie die Erde ist. Die ersten Detektionen von Methan und Kohlendioxid in seiner Atmosphäre stellten den ersten Nachweis kohlenstoffbasierter Moleküle in der Atmosphäre eines Exoplaneten in der habitablen und damit potenziell lebensfreundlichen Zone dar. Die Werte entsprachen den Vorhersagen für einen sogenannten „Hycean“-Planeten, also eine lebensfreundliche, gänzlich von einem Ozean bedeckte Welt unter einer wasserstoffreichen Atmosphäre.
Eine neue Studie
Vor dem Hintergrund dieser Kritik sind Madhusudhan und sein Team nun noch einen großen Schritt weiter gegangen und haben den Molekülpool auf die chemischen Signaturen von 650 unterschiedliche Molekülen im Spektrum der von Webb ermittelten Atmosphäre des Planeten ausgeweitet.
Wie die Forschenden aktuell und vorab via ArXiv.org berichten, zeigt diese erweiterte Analyse nun zwar tatsächlich, dass zwei weitere Moleküle – Diethylsulfid und Methylacrylnitril – die Daten ebenso gut wie DMS erklären. Doch auch bei diesen beiden Molekülen handelt es sich um komplexe Moleküle, die ebenfalls keinen bekannten nicht-biologischen Ursprung haben.
Hierbei handele es sich nun um die bislang umfassendste chemische Untersuchung einer Exoplanetenatmosphäre überhaupt. Das Ergebnis untermauere zudem die ursprüngliche Aussage seines Teams. „Die neu identifizierten Moleküle sind sowohl in ihrer Entstehung als auch in ihrer chemischen Komplexität noch schwieriger zu erklären als DMS – was es umso wahrscheinlicher mache, dass DMS die beste Erklärung für die beobachteten Daten ist“, zitiert das „New Scientist“-Magazin den Wissenschaftler.
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Neue Kritik
Laut dem „New Scientist“ kritisiert Welbanks nun, dass das Molekül DMDS, das im ursprünglichen Befund zentral war, in den neuen Ergebnissen nicht mehr auftaucht. Dies deute auf eine schwache Grundlage der ersten Interpretation hin. „Eine so deutliche Änderung innerhalb eines Monats – ohne neue Daten – ist bemerkenswert.“ Dem widerspricht Madhusudhan: DMDS sei nie der alleinige Fokus gewesen, DMS sei weiterhin vorhanden. Es gehe nun um DMS oder sogar komplexere Moleküle. Welbanks bemängelt zudem die Methodik: Der Vergleich mit einem einfachen Modell könne zu überhöhten Signifikanzen führen und weiche von bewährten Verfahren ab. Madhusudhan hält dagegen: Der Ansatz sei üblich und technisch praktikabel.
Taylor hingegen lobt nun die verbesserte Methodik der neuen Analyse, teilt jedoch nicht deren Schlussfolgerung. Die Daten seien noch zu ungenau für belastbare Aussagen. Er sieht weiterhin keine nachweisbaren Biosignaturen.
Die Debatte dürfte also weitergehen…
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Recherchequelle: ArXiv.org, New Scientist
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