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2023 KQ14: „Planetarisches Fossil“ im äußeren Sonnensystem entdeckt

Mauna Kea (USA) – Mit dem Subaru-Teleskop auf Hawaii haben Astronomen ein außergewöhnliches Objekt jenseits der Pluto-Umlaufbahn entdeckt, das als neues „planetarisches Fossil“ gilt. Die Entdeckung setzt auch neue Grenzen für die Existenz und den Nachweis eines weiteren, neunten Planeten.

Umlaufbahndiagramm der nun vier bekannten Sednoiden im äußeren Sonnensystem (Illu.).Copyright/Quelle: SubaruTelescope, NAOJ
Umlaufbahndiagramm der nun vier bekannten Sednoiden im äußeren Sonnensystem (Illu.).
Copyright/Quelle: SubaruTelescope, NAOJ

Wie das Team um Dr. Yukun Huang vom National Astronomical Observatory of Japan aktuell im Fachjournal „Nature Asronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-025-02595-7) berichtet, wurde der Himmelskörper mit der vorläufigen Bezeichnung „2023 KQ14“ im Rahmen des sogenannten FOSSIL-Projekts identifiziert – einer großangelegten Himmelsdurchmusterung, die das Ziel hat, die Entstehung und Entwicklung des äußeren Sonnensystems zu untersuchen.

Die Entdeckung dieses Objekts markiert einen bedeutenden Fortschritt: „2023 KQ14“ ist erst das vierte bekannte Objekt vom Typ Sednoid – eine extrem seltene Klasse von Kleinkörpern mit extrem weiten, langgestreckten Umlaufbahnen und sehr großen Sonnenfernsten. Entsprechende Bahneigenschaften deuten darauf hin, dass diese Objekte kaum oder gar nicht durch den gravitativen Einfluss der bekannten Planeten wie Neptun beeinflusst wurden.

„2023 KQ14“ wurde bei seinen sonnennächsten Punkt, dem sogenannten Perihel, beobachtet. Dieser befindet sich rund 71 Astronomische Einheiten (AE = Abstand Erde–Sonne) von der Sonne entfernt. In Kombination mit älteren, bisher unerkannten Archivaufnahmen konnte das Team die Umlaufbahn über einen Zeitraum von 19 Jahren zurückverfolgen. Dabei zeigte sich: Die Bahn des Objekts ist sehr stabil und hat sich über mindestens 4,5 Milliarden Jahre kaum verändert.

Numerische Simulationen legen nahe, dass sich „2023 KQ14“ ursprünglich auf einer ähnlichen Umlaufbahn befand wie die drei anderen bislang bekannten Sednoiden, darunter das namensgebende Objekt Sedna. Doch während sich deren Bahnen über Jahrmilliarden weitgehend synchron entwickelten, scheint „2023 KQ14“ aus der Reihe zu tanzen: Seine derzeitige Bahn weicht von denen der anderen deutlich ab – ein Hinweis auf eine bislang unbekannte Dynamik im äußeren Sonnensystem.

Hintergrund
Jenseits der Umlaufbahn des Neptun liegt der Kuiper-Gürtel, der aus kleinen Körpern aus der Zeit der Entstehung unseres Sonnensystems besteht. Neptun und die Riesenplaneten beeinflussen gravitativ die Objekte im Kuiper-Gürtel und darüber hinaus, die gemeinsam als Trans-Neptunian Objects, also als transneptunische Objekte (TNOs) bekannt sind, und die die Sonne auf nahezu kreisförmigen Bahnen umkreisen.

Bahndiagramme von 9 transneptunischen Objekten, deren Bahn von Planet Nine beeinflusst sein könnte.
Copyright: Tomruen (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0

Allerdings haben Astronomen einige mysteriöse Ausreißer entdeckt. Seit 2003 wurden rund 30 TNOs auf stark elliptischen Umlaufbahnen entdeckt: Sie heben sich von den anderen TNOs dadurch ab, dass sie im Durchschnitt die gleiche räumliche Orientierung haben. Diese Art von Clustering lässt sich nicht durch die bislang bekannte Architektur des Sonnensystems mit den acht bekannten Planeten erklären und führte zu verschiedenen Hypothesen, laut derer die ungewöhnlichen Bahnen durch die Existenz eines noch unbekannten neunten Planeten beeinflusst werden könnten.

Obwohl erstmals der Astronom Scott C. Sheppard die Idee von einem weiteren großen Planeten im Sonnensystem beschrieb, wurde die Theorie erst durch die Ausführungen dazu von Mike Brown und Konstantin Batygin bekannt. Auf der Grundlage neuster Berechnungen gehen Brown und Batygin davon aus, dass Planet Nine eine Masse von rund fünf Erdenmassen und eine Umlaufbahhalbachse nur von 400 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand Erde-Sonne) besitzt. (Zuvor waren  davon ausgegangen, dass P9 etwa 10 Erdenmassen auf die Wage bringen könnte und die Sonne 20 mal weiter als Neptun umkreise, was eine Halbachse von etwa 700 AE entsprechen würde. Damit wäre der Planet nicht nur kleiner und der Sonne deutlich näher, sondern auch gleichzeitig heller als lange Zeit gedacht (…GreWi berichtete).

„Dass die Umlaufbahn von 2023 KQ14 heute nicht mit der der anderen Sednoiden übereinstimmt, spricht gegen eine einfache Erklärung wie etwa die Existenz eines stabilen, unsichtbaren Planeten“, erläutert Huang. Diese Bemerkung zielt direkt auf die viel diskutierte Hypothese eines bisher nicht entdeckten neunten Planeten („Planet Nine“) ab. Sollte dieser existieren, müsste seine Bahn laut dem Astronomen deutlich weiter außen liegen als bislang angenommen. Alternativ könnte es sich um einen Planeten handeln, der einst existierte, aber durch gravitative Wechselwirkungen aus dem Sonnensystem herausgeschleudert wurde.

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Die Entdeckung hat daher weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis der frühesten Entwicklungsphasen des Sonnensystems. Dr. Fumi Yoshida, ebenfalls Mitglied des FOSSIL-Teams, erklärt: „2023 KQ14 befindet sich in einem Bereich des Sonnensystems, der außerhalb des dominanten Einflusses von Neptun liegt. Die Existenz eines solchen Objekts mit einer so weiten und stabilen Umlaufbahn weist darauf hin, dass sich dort in der Frühzeit des Sonnensystems außergewöhnliche Prozesse abgespielt haben müssen.“

Solche Prozesse könnten etwa durch nah vorbeiziehende Sterne im dichten Geburtscluster der Sonne oder durch massive, längst verschwundene Himmelskörper ausgelöst worden sein. Die Details bleiben jedoch bislang spekulativ.

Das Astronomenteam um Huang hoffen nun, durch weitere Entdeckungen dieser Art neue Hinweise auf die längst vergangenen Frühphasen des Sonnensystems zu erhalten. Yoshida dazu abschließend: „Die FOSSIL-Umfrage liefert eine neue, äußerst wertvolle Perspektive auf den bislang am schlechtesten verstandenen Teil unseres Sonnensystems. Ich hoffe, dass unser Team noch viele weitere Relikte wie 2023 KQ14 findet und wir so ein vollständigeres Bild unserer kosmischen Vergangenheit zeichnen können.“

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Recherchequelle: National Institutes of Natural Sciences (Japan)

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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