Basel (Schweiz) – Mit „Geister“ widmet das Kunstmuseum Basel vom 20. September 2025 bis zum 08. August 2026 dem Übersinnlichen eine eigene Ausstellung im sog. Neubau.
„Geister sind allgegenwärtig: in der Literatur, in der Populärkultur und in der Wissenschaft“, erläutern die Ausstellungsmacher um Kuratorin Eva Reifert. „Auch die Kunst haben sie immer schon heimgesucht. Als Wesen des Dazwischen sind Geister Vermittler zwischen den Welten, zwischen oben und unten, Leben und Tod, Schrecken und Humor, Gut und Böse, sichtbar und unsichtbar. Jeder Versuch, sie abzubilden, aufzuzeichnen oder mit ihnen zu kommunizieren, ist daher eine kognitive Herausforderung und ein emotionaler Nervenkitzel“. Ob freundlich oder bedrohlich, gruselig oder harmlos, Reifert sieht in Geistern einen „Ausdruck für das Verlangen einer Gesellschaft, dem Unsichtbaren und dem Unfassbaren auf die Spur zu kommen“. Offenbar auch für die über 80 gezeigten Künstler:innen vom 19. Jahrhundert bis heute der Wunsch, das Übernatürliche zu erforschen, und das Bestreben, Bilder von unsichtbaren Wesen zu schaffen, ein unerschöpflicher Quell der Inspiration.
Weiter heißt es: „Geister spuken in allen Medien: auf klassischen Gemälden oder als Skulptur, auf Fotografien oder im digitalen Raum. Künstler:innen fungierten als Medium von Geistern oder schufen, besessen von ihnen, Werke nach ihren Anweisungen. Geister wurden in surrealistischen Visionen bildhaft heraufbeschworen und in der Kunst der letzten Jahrzehnte zu Metaphern für alles Verdrängte, das uns verfolgt. Diese umfangreiche Ausstellung erkundet in Kunstgeschichte und visueller Kultur das poetische Potenzial und die beunruhigende Kraft von Geistererscheinungen.“
Hintergrund
Das 19. Jahrhundert wird heute meist als goldenes Zeitalter der Rationalität, der Wissenschaft und der Technologie angesehen, aber es war auch eine Blütezeit für den Glauben an Geister und Erscheinungen. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurden Geister zu einem Mittel, um sich der Erforschung der Psyche anzunähern und neue Zugänge ins menschliche Innenleben zu erschließen. Die Romantik hatte die Lust an Spektakeln und Wundern geweckt, sodass der Glaube an Geister durch technologischeInnovationen und Illusionstechniken wie etwa die Theatertechnik Pepper’s Ghost flankiert wurde.
Georgiana Houghton mit einem Spirit, Aufnahme von Frederick Hudson um 1874 Quelle: Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Freiburg i. Br.
Die Erfindung der Fotografie um 1830 führte zum Aufschwung der Geisterfotografie mit wichtigen Vertretern wie William H. Mumler in den Vereinigten Staaten und später William Hope in England. Ihre Fotografien, die geliebte Menschen wieder erscheinen ließen und ein Leben nach dem Tod zu versprechen schienen, haben bedeutenden Einfluss darauf, wie wir uns Geister noch heute vorstellen. Der Münchner „Geisterbaron“ Albert Freiherr von Schrenck-Notzing – der wohl berühmteste Parapsychologe – verband die neuartigen technischen Mittel der Fotografie mit einem quasi-wissenschaftlichen Ansatz: Er wollte die übernatürlichen Erscheinungen dokumentieren, die in seinen Séancen auftraten (von denen kein Geringerer als der Schriftsteller Thomas Mann Bericht erstattete).
Die Geisterfotografie ist entsprechend ein wichtiges Kapitel der Ausstellung. Einen weiteren Zugang bieten die Aufzeichnungen und Bilder, die von spiritistischen Medien geschaffen wurden, um ihren direkten Kontakt mit der Geisterwelt festzuhalten. Angesichts der Nähe von Geistern zu psychischen Ausnahmesituationen beschäftigt sich die Ausstellung zudem intensiv mit dem Phänomen des Spuks – mit Geistern in Räumen. Sie folgt dazu den vielfältigen visuellen Spuren und Geistererzählungen, die in der westlichen Kultur des 19. Jahrhunderts zu finden sind und später von Künstlerinnen und Künstlern aufgegriffen wurden. Dabei bezieht sie voller Neugierde Bildwelten jenseits der bildenden Kunst ein, die für die Kunst des 20. Jahrhunderts zu besonderen Inspirationsquellen wurden.
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Gezeigt werden Werke und Arbeiten von Künsterinnen und Künstlern wie William Blake, Heidi Bucher, Leonora Carrington, Thomas Demand, Charles Dickens, Johann Heinrich Füssli, Paul Gauguin, Madge Gill, Nicole Eisenman, Georgiana Houghton, Mike Kelley, Paul Klee, Glenn Ligon, Susan MacWilliam, Gabriel von Max, Edvard Munch, Meret Oppenheim, Tony Oursler, Cornelia Parker, Laure Pigeon, Sigmar Polke, Odilon Redon, Thomas Schütte, Toyen, Rosemarie Trockel, Remedios Varo, Rachel Whiteread, Gillian Wearing, Erwin Wurm und anderen.
„Die Tatsache, dass die Erscheinungen, um die es hier geht, ständig mit unserer kollektiven Vorstellungskraft, ja sogar mit unserem kulturellen Unbewussten interagieren, macht Geister und Gespenster zu so anhaltend wirkmächtigen Wesen – und die Ausstellung zu einem überraschenden, anregenden und eindrücklichen Erlebnis.“
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