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3I/ATLAS: Drittes interstellares Objekt ist groß, hell und schnell

Am späten Abend des 1. Juli 2025 entdeckten Astronomen, die ein Asteroiden-Warnsystem betreiben, ein großes, helles Objekt, das mit hoher Geschwindigkeit durch das Sonnensystem raste. Die möglicherweise interstellare Herkunft dieses Objekts sorgte weltweit für Aufregung unter Wissenschaftlern. Bereits am nächsten Morgen bestätigte die Europäische Weltraumagentur (ESA), dass es sich bei dem Objekt, das zunächst „A11pl3Z“, mittlerweile „3I/ATLAS“ (I = interstellar) genannt wurde, um das dritte jemals entdeckte Objekt aus dem interstellaren Raum handelt (…Grewi berichtete).

Blick auf das Haleakala Observatory, an dem das ATLAS-System installiert istQuelle/Copyright: dronepicr (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 2.0
Blick auf das Haleakala Observatory, an dem das ATLAS-System installiert ist
Quelle/Copyright: dronepicr (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 2.0

– Der folgende Artikel des Astrophysik-Assistenzprofessors Dr. Darryl Z. Seligman der von der Michigan State University erschien am 3. Juli 2025 im englischsprachigen Original unter dem Titel „Astronomers have discovered another puzzling interstellar object − this third one is big, bright and fast“ auf TheConversation.com unter der Lizenz Creative Commons und wurde von GrenzWissenschaft-aktuell.de (GreWi) ins Deutsche übersetzt.

Aktuelle Messungen schätzen, dass „3I/ATLAS“ etwa 20 Kilometer groß ist. Obwohl seine Flugbahn es nicht in die Nähe der Erde führen wird, könnte es Hinweise auf die Natur früherer interstellarer Objekte und auf die Planetenentstehung in anderen Sonnensystemen liefern.

Am 2. Juli um 15 Uhr EDT sprach Mary Magnuson, wissenschaftliche Redakteurin bei The Conversation U.S., mit Darryl Z. Seligman, einem Astrophysiker an der Michigan State University, der 3I/ATLAS seit seiner Entdeckung untersucht.

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Was unterscheidet 3I/ATLAS von seinen Vorgängern?

Bisher haben wir zwei interstellare Objekte entdeckt: ‘Oumuamua und den Kometen 2I/Borisov. ‘Oumuamua hatte keinen Staubschweif und zeigte eine signifikante, nicht-gravitative Beschleunigung, was zu einer Vielzahl von Hypothesen über seinen Ursprung führte. 2I/Borisov war ganz klar ein Komet, hatte aber eine ungewöhnliche Zusammensetzung im Vergleich zu Kometen in unserem Sonnensystem.

Unsere gesamte Vorbereitung auf das nächste interstellare Objekt zielte darauf ab, entweder etwas wie ‘Oumuamua oder etwas wie Borisov zu finden. Und dieses Objekt sieht aus wie keines von beiden – was verrückt und gleichzeitig spannend ist.

Dieses Objekt ist erstaunlich hell und dabei sehr weit von der Erde entfernt. Es ist deutlich größer als beide bisher gesehenen interstellaren Objekte – es ist um einige Größenordnungen größer als ‘Oumuamua.

Zum Vergleich: ‘Oumuamua wurde entdeckt, als es sich sehr nahe an der Erde befand. Aber dieses neue Objekt ist so groß und hell, dass unsere Teleskope es bereits sehen können, obwohl es noch viel weiter entfernt ist. Das bedeutet, dass Observatorien es deutlich länger beobachten können als die beiden vorherigen Objekte.

Es ist riesig, viel weiter entfernt – aber auch deutlich schneller.

Als ich letzte am Abend zuvor ins Bett ging, sah ich einen Warnhinweis auf dieses Objekt, aber niemand wusste zu dem Zeitpunkt, was genau los war. Ich habe ein paar Kollegen, die Umlaufbahnen von Himmelskörpern im Sonnensystem berechnen, und ich rechnete damit, dass sie am Morgen sagen würden: „Nein, das ist wahrscheinlich doch nicht interstellar.“ Oft denkt man, etwas Interessantes entdeckt zu haben, doch mit mehr Daten wird es dann enttäuschend.

Aber als ich um 1 Uhr am nächsten Morgen aufwachte, sagten dieselben Kollegen, die Experten für Bahnbestimmung sind: „Doch, das ist definitiv interstellar. Das ist echt.“

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Wie können Astronomen erkennen, ob etwas interstellar ist?

Der Schlüssel liegt in der Exzentrizität der Umlaufbahn. Die Exzentrizität beschreibt, wie stark eine Bahn von einem perfekten Kreis abweicht. Eine Exzentrizität von null entspricht einem perfekten Kreis, mit zunehmender Exzentrizität wird die Bahn elliptisch – ein gestreckter Kreis.

An animation showing a line with a dot labeled ''Oumuamua' that intersects the oval-shaped ellipses showing the orbits of Earth, Mars and other planets.
Eine hyperbolische Umlaufbahn ist keine geschlossene Schleife, wie diese Darstellung der Flugbahn von ‘Oumuamua zeigt. Alle Planeten unseres Sonnensystems bewegen sich auf ovalen, elliptischen Bahnen, die sich zu einem geschlossenen Orbit verbinden. Das interstellare Objekt hingegen durchquert das Sonnensystem – kehrt aber nicht zurück.

Quelle: Tomruen/Wikimedia Commons, CC BY-SA

Wenn die Exzentrizität größer als eins ist, spricht man von einer hyperbolischen Bahn – diese ist nicht [an die Sonne] gebunden. Eine elliptische Umlaufbahn ist zwar gestreckt, führt aber zu einer Umrundung des Zentrums. Ein Objekt mit hyperbolischer Bahn hingegen fliegt durch das Sonnensystem hindurch und kehrt nie zurück. Diese Art von Bahn weist darauf hin, dass das Objekt nicht aus unserem Sonnensystem stammt.

Forscher erfassen bei der Beobachtung Lichtpunkte am Himmel, ohne zu wissen, wie weit sie entfernt sind. Sie erkennen nicht sofort: „Ah, das ist exzentrisch.“ Sie messen vielmehr, wie weit das Objekt relativ zu Hintergrundsternen entfernt ist, wo es sich befindet und wie schnell es sich bewegt – und versuchen dann, daraus die Bahn zu berechnen.

FACT THREAD on New Interstellar Object #A11pl3Z

This story unfolded pretty fast yesterday for a few reasons. The object was discovered on July 1st UTC by the Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System, or ATLAS team. A #NASA funded survey at the University of Hawaii. atlas.fallingstar.com 🔭🧪

[image or embed]

— David Rankin (@asteroiddave.bsky.social) 2. Juli 2025 um 17:27

Dieses Objekt bewegt sich für seine Entfernung sehr schnell – was auf eine hyperbolische Bahn hinweist. Wenn sich etwas schnell genug bewegt, kann es dem Schwerefeld des Sonnensystems entkommen. Ein hyperbolisches, ungebundenes Objekt muss sich also zwangsläufig mit hoher Geschwindigkeit bewegen.

Das Ganze ist ein Echtzeitprozess. Meine Kollegen nutzen eine bestehende Software, die jede Nacht neue Beobachtungen aller kleinen Körper im Sonnensystem verarbeitet und deren Bahnen aktualisiert. Mit zunehmender Datenmenge lässt sich dann die wahrscheinlichste Umlaufbahn immer genauer bestimmen.

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Was können Wissenschaftler von einem interstellaren Objekt lernen?

Solche Objekte sind unberührte, ursprüngliche Überreste aus dem Prozess der Planetenentstehung in anderen Planetensystemen. Die kleinen Körper in unserem eigenen Sonnensystem haben uns bereits viel über die Entstehung und Entwicklung der Planeten beigebracht. Dieses Objekt könnte ein neues Fenster zum Verständnis der Planetenentstehung in der gesamten Galaxie öffnen.

Während wir die eingehenden Daten auswerten, versuchen wir herauszufinden, ob es sich um einen Kometen handelt. In den nächsten Wochen wird es wahrscheinlich deutlich mehr Informationen geben – etwa, ob das objekt einen Kometenschweif wie 2I/Borisov hat oder eine nicht-gravitative Beschleunigung wie 1I/‘Oumuamua.

Falls es ein Komet ist, wollen Forscher herausfinden, ob er eisreich ist. Wenn er Eis enthält, sagt das sehr viel über seine Herkunft aus. Die chemische Zusammensetzung solcher Körper ist entscheidend, um die Bedingungen im Ursprungssystem zu verstehen – also die Umwelt, in der das Objekt entstanden ist.

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Zum Beispiel: Wenn das Objekt viel Eis enthält, deutet das darauf hin, dass es nicht lange in der Nähe eines Sterns war – das Eis wäre sonst geschmolzen. Das würde bedeuten, dass es weit entfernt von seinem Heimatstern entstand und dann durch ein großes Objekt, etwa einen Gasriesen wie Jupiter oder Neptun, aus dem System hinausgeschleudert wurde.
Im Kern könnte dieses Objekt Astronomen helfen, mehr über eine bisher kaum verstandene Objektpopulation zu erfahren – oder über die Bedingungen in einem völlig anderen Sonnensystem.

Wir hatten bisher nur ein paar Stunden für erste Beobachtungen. Ich vermute, dass praktisch jedes größere Teleskop in den nächsten Nächten auf dieses Objekt gerichtet sein wird. Wir werden also schon sehr bald deutlich mehr darüber erfahren.

© Darryl Z. Seligman via TheConversation.com / Creative Commons licence

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Andreas Müller
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