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6.200 Jahre alt: Turmschädel einer Jugendlichen im Iran entdeckt

Teheran (Iran) – Bei Ausgrabungen auf der prähistorischen Grabstätte Chega Sofla haben Archäologen den Schädel eines jungen Mädchens entdeckt, das offenbar einer gezielten Schädelverformung unterzogen wurde. Die genaue kulturelle Bedeutung der Schädelverformung in dieser Region vor über sechs Jahrtausenden ist weiterhin nicht vollständig geklärt.

Blick auf das Mehrfachgrab „BG1“ an der Grabstätte Chega-Sofla und der darin bestatteten Individuen und dem Schädelfund „BG1.12“.Quellen: Archiv des Zohreh Prehistoric Project),  Alirezazadeh u. Nasab, International Journal of Osteoarchaeology (2025)
Blick auf das Mehrfachgrab „BG1“ an der Grabstätte Chega-Sofla und der darin bestatteten Individuen und dem Schädelfund „BG1.12“.
Quellen: Archiv des Zohreh Prehistoric Project),  Alirezazadeh u. Nasab, International Journal of Osteoarchaeology (2025)

Wie die Archäologen Mahdi Alirezazadeh und Hamed Vahdati Nasab von der Tarbiat Modares University aktuell im „International Journal of Osteoarchaeology“ (DOI: 10.1002/oa.3415) berichten, entdeckten sie den auffälligen Schädel im einem Mehrfachgrab der Grabstätte.

Hintergrund: Lang- und Turmschädel
Als künstlich herbeigeführte Schädeldeformation (Schädeldeformierung, Schädelverformung) bezeichnet man sowohl die meist irreversible Verformung des Schädels – meist bei Frauen. Um keinen allzu großen gesundheitlichen Schaden hervorzurufen, mussten entsprechende Eingriffe bereits in der frühen Kindheit durch Bandagieren herbeigeführt werden. Obwohl die Praxis weltweit verbreitet war (und teilweise, wenn auch in milderen Formen heute noch ist), war sie während der Völkerwanderungszeit auch zwischen Mitteleuropa und Zentralasien verbreitet. Sie wurde von den Hunnen westwärts getragen und hier von germanischen Völkern übernommen. Während die Absicht dieser auffallenden Körperveränderung bis heute unbekannt ist, finden sich Langschädel auch im deutschen Sprachraum, etwa in Bayern, wo die Tradition hier und da bis ins 10. Jahrhundert hinein fortgeführt wurde (s. Links u.).

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Schädeldeformation verdünnte Schädelknochen

Der nun entdeckte und von den Wissenschaftlern untersuchte Schädel mit der Kennzeichnung „BG1.12“ stammt von einer jungen Frau, die vor rund 6.200 Jahren lebte und beim Tod jünger als 20 Jahre alt war. Die Forscher entdeckten, dass ihr Schädel durch straffes Bandagieren im Kindesalter deutlich verformt wurde. CT-Scans zeigten, dass Teile der Schädelknochen ungewöhnlich dünn waren – eine direkte Folge der künstlichen Modifikation. Diese Ausdünnung machte sie zudem anfälliger für schwere Kopfverletzungen.

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Vermutlich Mord

Tatsächlich kam das Mädchen offenbar durch ein schweres Schädeltrauma zu Tode. Der Bruch verlief schräg von der Stirn bis zum linken Scheitelbein. Da es auch keine Hinweise auf Heilung gibt, ist davon auszugehen, dass die Verletzung unmittelbar zum Tod geführt hat. Die Forscher vermuten, dass ein Schlag mit einem breitkantigen Werkzeug dir Ursache des Schädelbruchs war. Zwar wurde dieser nicht durchschlagen, doch die verringerte Dicke erlaubte es der Wucht, das Gehirn schwer zu schädigen. Die Analyse des Bruchs ergab, dass dieser im vorderen Bereich begann und sich schräg bis zur Grenze des linken Scheitelbeins zog – typisch für stumpfe Gewalteinwirkung mit großer Kraft. Die Forscher schließen daraus, dass es sich um eine gezielte Tötung handeln könnte.

Die Fraktur von BG1.12 in verschiedenen Ansichten (A–F). Der Schädelbruch dieses Exemplars beginnt im vorderen Bereich des Stirnbeins und verläuft schräg bis zur sagittalen Begrenzung des linken Scheitelbeins (G).Copyright/Quelle: Alirezazadeh u. Nasab, International Journal of Osteoarchaeology (2025)
Die Fraktur von BG1.12 in verschiedenen Ansichten (A–F). Der Schädelbruch dieses Exemplars beginnt im vorderen Bereich des Stirnbeins und verläuft schräg bis zur sagittalen Begrenzung des linken Scheitelbeins (G).
Copyright/Quelle: Alirezazadeh u. Nasab, International Journal of Osteoarchaeology (2025)

Die übrigen Knochen der Verstorbenen konnten bisher nicht eindeutig zugeordnet werden, da der Fundort, ein Mehrfachgrab, zahlreiche menschlichen Überreste birgt.

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Die Grabstätte Chega Sofla ist Teil eines großflächigen archäologischen Projekts, das bereits seit über einem Jahrzehnt erforscht wird. Neben Skelettfunden wurde hier auch das bislang älteste bekannte Grab aus Ziegelsteinen freigelegt. Die Anlage enthält sowohl Einzel- als auch Mehrfachgräber, darunter auch solche mit Familienangehörigen. In mehreren Fällen wurden Hinweise auf Schädelmodifikationen gefunden.

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Kulturelle Bedeutung noch unklar

Die genaue kulturelle Bedeutung der Schädelverformung in dieser Region vor über sechs Jahrtausenden ist weiterhin nicht vollständig geklärt. Sie steht jedoch im Einklang mit Praktiken, die auch in anderen Teilen der Welt – etwa in Südamerika, Afrika oder Zentralasien – bekannt sind. Der Fund liefert nicht nur Hinweise auf soziale oder rituelle Praktiken, sondern auch auf potenzielle Konflikte oder Gewaltereignisse innerhalb dieser frühgeschichtlichen Gemeinschaft.

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Recherchequelle: International Journal of Osteoarchaeology

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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