Extremster Sonnensturm traf die Erde im Jahr 12.350 v. Chr.
Oulu (Finnland) – Ein internationales Forschungsteam hat einen Anstieg von Radiokohlenstoff im Jahre 12.350 v. Chr. dem bislang extremsten bekannten Sonnensturm zuordnen können, der jemals die Erde traf. Die Entdeckung dieses Extremereignisses in kurz vor dem Ende der letzten Eiszeit verändert unser Verständnis von Weltraumwetter und Radiokarbondatierung.

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Wie das internationale Forschungsteam um Professor Edouard Bard vom französischen CEREGE, die Postdoktorandin Kseniia Golubenko und Professor Ilya Usoskin von der Universität Oulu aktuell im Fachjournal „Earth and Planetary Science Letters“ (DOI: 10.1016/j.epsl.2025.119383) berichtet, konnte die Stärke dieses Ereignisses bislang nicht eingeschätzt werden, da ein entsprechendes Modell dafür fehlte.
Neues Modell bestätigt schwersten Sonnensturm-Treffer
Mit dem nun von den Forschenden präsentierten Chemie-Klimamodell mit der Bezeichnung „SOCOL:14C-Ex“ ist es nun möglich, Sonnenpartikelstürme unter eiszeitlichen Klimabedingungen zu rekonstruieren. Das Modell, das die Forschenden anhand anderer, nachgewiesener Sonnenpartikelstürmen überprüfen konnten, bestätigte, dass dieses urzeitliche Sonnenereignis etwa 18 % stärker war als das berüchtigte Ereignis im Jahr 775 n. Chr., das bislang als stärkstes in Baumringarchiven dokumentiertes galt (…GreWi berichtete https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/forscher-finden-weitere-beweise-fuer-historischen-mega-sonnensturm20190311/). „Verglichen mit dem stärksten Ereignis der modernen Satellitenära – dem Teilchensturm von 2005 – war das Ereignis von 12.350 v. Chr. laut unseren Schätzungen über 500-mal stärker“, erklärt Dr. Golubenko und führt dazu weiter aus: „Das Ereignis von 12.350 v. Chr. ist das einzige bekannte extreme Sonnenpartikelereignis außerhalb des Holozäns – also außerhalb der letzten ca. 12.000 Jahre stabilen Klimas. Unser neues Modell hebt die bisherige Begrenzung auf das Holozän auf und ermöglicht die Analyse von Radiokarbondaten auch unter eiszeitlichen Klimabedingungen.“

Quelle: Earth and Planetary Science Letters (2025)
Die Validierung des Modells unter holozänen und glazialen Bedingungen markiert einen bedeutenden Fortschritt bei der Analyse von Radiokarbonvariationen über verschiedene Klima- und geomagnetische Epochen hinweg.
Eine neue Ära für Radiokarbondatierung
Sonnenpartikelstürme erhöhen die Produktion kosmogener Isotope wie Radiokohlenstoff (C-14) in der Atmosphäre drastisch. Solche Spitzenwerte, konserviert in jährlichen Baumringen, ermöglichen die exakte Datierung historischer Ereignisse und archäologischer Funde. Diese dramatischen Ausschläge – bekannt als Miyake-Ereignisse, benannt nach der japanischen Entdeckerin – liefern wertvolle Informationen über die Sonnenaktivität, das Erdklimasystem und den „Weltraumklima“-Verlauf.
„Miyake-Ereignisse erlauben es uns, archäologische Chronologien exakt kalendarisch zu fixieren“, erklärt Usoskin. Radiokarbon-Signale solcher Ereignisse haben bereits dazu beigetragen, Wikinger-Siedlungen in Neufundland und neolithische Gemeinschaften in Griechenland genau zu datieren.
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Ein Worst-Case-Szenario für Sonnenstürme
Die neuen Erkenntnisse verändern auch das Verständnis über die Grenzen extremer Sonnenaktivität. „Dieses Ereignis markiert ein neues Worst-Case-Szenario“, so Golubenko. „Sein Ausmaß zu verstehen ist entscheidend, um zukünftige Risiken für moderne Infrastruktur wie Satelliten, Stromnetze und Kommunikationssysteme richtig einschätzen zu können.“ Würde ein Sonnensturm wie im Jahr 12.350 vor unserer Zeitrechnung im gleichen Maß heute die Erde treffen, würde vermutlich die irdische Satelliten-Infrastruktur schwer beschädigt oder gänzlich zerstört. In früheren Berechnungen der NASA, die dieses Extremausmaß noch nicht berücksichtigt hatten, kamen US-Geophysiker 2017 auf eine Schadenschätzung von rund 40 Milliarden US-Dollar – täglich.
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Recherchequelle: Universität Oulu
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