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Menschen besitzen „ferntaktilen“ siebten Sinn

London (Großbritannien) – Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass auch wir Menschen mit dem sogenannten „ferntaktilen Sinn“ über eine bislang unbekannte Sinnesfähigkeit verfügen: die Fähigkeit, Objekte wahrzunehmen, ohne sie direkt zu berühren.

SymbolbildCopyright: Daniel Kirsch (via Pixabay.com) / Pixabay License
Symbolbild
Copyright: Daniel Kirsch (via Pixabay.com) / Pixabay License

Wie Zhengqi Chen, Elisabetta Versace und Laura Crucianelli von der Queen Mary University  gemeinsam mit Lorenzo Jamone vom University College in London auf der IEEE International Conference on Development and Learning“ (ICDL) berichteten, war diese Fähigkeit bislang nur von bestimmten Strandvögeln, die Beute unter Sand erspüren können.

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Bislang nur im Tierreich bekannt

Bislang galt der Tastsinn des Menschen als ein alleinig „naher“, also direkter taktiler Sinn, der ausschließlich auf direktem Hautkontakt beruht. Doch schon länger ist bekannt, dass einige Tiere über weiterreichende mechanische Wahrnehmungen verfügen. So können etwa Schnepfen und Strandläufer Beute unter der Oberfläche orten, indem sie winzige Druck- und Schwingungssignale im Sand registrieren. Diese mechanisch-taktile Form der „Fernwahrnehmung“ funktioniert über subtile mechanische Rückkopplungen im körnigen Material, etwa wenn durch Druckbewegungen Veränderungen in der Umgebung entstehen, die dann vom Organismus wahrgenommen werden.

Ein Strandläufer erzeugt mit seinem Schnabel ein Druckfeld im Sandsediment einer hypothetischen Schlickfläche. Nach de Fouw et al. (2016), Animal Behaviour, bearbeitet. Quelle: de Fouw. Nach de Fouw et al. (2016), Animal Behaviour, modifiziert.
Ein Strandläufer erzeugt mit seinem Schnabel ein Druckfeld im Sandsediment einer hypothetischen Schlickfläche. Nach de Fouw et al. (2016), Animal Behaviour, bearbeitet. Quelle: de Fouw. Nach de Fouw et al. (2016), Animal Behaviour, modifiziert.

In ihrer Arbeit wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissen, ob auch Menschen dazu fähig sind. In ihren Experimenten ließen sie Testpersonen ihre Finger sanft durch einen Sandkasten bewegen, unter dessen Oberfläche sich ein kleiner Würfel befand. Ziel war es, den Würfel zu lokalisieren, bevor er tatsächlich berührt wurde.

Das Ergebnis: Die Teilnehmenden konnten in erstaunlich vielen Fällen die Position des Objekts korrekt erkennen – ganz ähnlich wie die Vögel, deren Sinnesmechanismus als Vorbild diente. Physikalische Modellierungen zeigten, dass die menschliche Hand in der Lage ist, minimale Verschiebungen im Sand wahrzunehmen, die durch das Verdrängen der Körner über ein verborgenes Objekt hinweg entstehen. Diese Empfindlichkeit liegt nahe an der theoretischen physikalischen Grenze dessen, was in einem solchen Medium überhaupt messbar ist.

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Ferntaktiler Sinn beim Menschen

In einem zweiten Experiment verglichen die Forschenden die menschliche Leistung mit der eines Roboters, der mit einem taktilen Sensor ausgestattet und über ein sogenanntes Long Short-Term Memory (LSTM)-Modell trainiert wurde. Während Menschen im Mittel eine Präzision von rund 70 Prozent erreichten, konnte der Roboter Objekte zwar aus etwas größerer Entfernung erkennen, erzeugte dabei aber häufiger Fehlalarme und lag schlussendlich insgesamt nur bei etwa 40 Prozent Genauigkeit. Beide Systeme – menschlich und künstlich – näherten sich dabei den physikalisch möglichen Empfindlichkeitsgrenzen an.

Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen tatsächlich in der Lage sind, Objekte in granularen Materialien wie Sand zu detektieren, noch bevor eine Berührung stattfindet. Diese Fähigkeit erweitert das Verständnis darüber, wie weit der menschliche Tastsinn tatsächlich reicht.

„Zum ersten Mal wurde beim Menschen eine solche Form des Ferntastsinns nachgewiesen“, erklärt Dr. Versace. „Das verändert unser Verständnis davon, wie groß das ‚rezeptive Feld‘ der Wahrnehmung bei Lebewesen wirklich ist.“

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Mögliche Anwendungen

Neben der grundlegenden neurophysiologischen Bedeutung sehen die Forschenden auch praktische Anwendungen: Erkenntnisse dieser Art könnten beim Design empfindlicher Robotiksysteme helfen, die wie Menschen taktile Informationen nutzen, um in schwierigen Umgebungen zu agieren, etwa bei der Suche nach Objekten unter Sand, beim Auffinden archäologischer Artefakte oder bei der Erkundung außerirdischer Oberflächen wie des Marsbodens.

„Die enge Verbindung von Robotik, Psychologie und künstlicher Intelligenz in dieser Studie zeigt, wie interdisziplinäre Forschung zu neuen Erkenntnissen führen kann“, ergänzt Dr. Jamone abschließend. „Die Experimente mit Menschen halfen, die Lernprozesse des Roboters zu verbessern – und umgekehrt lieferte die Robotik neue Perspektiven für das Verständnis menschlicher Wahrnehmung.“

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Recherchequelle: IEEexplore

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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