3I/ATLAS zeigt Helligkeitsausbruch und Beschleunigung
Washington (USA) – Das interstellare Objekt 3I/ATLAS sorgt weiterhin für Aufsehen, nicht nur unter Astronomen: Zum einen erscheint das Objekt bei seinem kürzlichen Sonnenvorbeiflug unerwartet heller und blauer als erwartet. Zum anderen beschleunigt auf non-gravitative Weise.

Copyright/Quelle: ArXiv.org
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Wie Quicheng Zhang vom Lowell Observatory in Flagstaff und Karl Battams vom US Naval Research Laborator in Washington aktuell und vorab via ArXiv.org berichtet, übertrifft die Helligkeitszunahme des Objekts die Erwartungen in einem Ausmaß, das selbst erfahrene Forscher überrascht. Der plötzliche Helligkeitsausbruch, begleitet von einer ungewöhnlich bläulichen Färbung, wirft neue Fragen zur Zusammensetzung und zum Verhalten interstellarer Körper auf.
Entdeckt wurde 3I/ATLAS am 1. Juli 2025 durch das automatisierte Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System (ATLAS). Nach „ʻOumuamua“ (2017) und „2I/Borisov“ (2019) ist er erst das dritte bestätigte interstellare Objekt, das unser Sonnensystem durchquert. Seine Bahn führte ihn dicht an die Sonne heran, ohne dass er in sie stürzte – eine seltene Gelegenheit, solch ein Objekt aus nächster Nähe zu beobachten.
Neue Beobachtungen
Während das Objekt, von dem die meisten Astronomen ausgehen, dass es sich um einen Kometen handelt, seinem sonnennächsten Punkt, dem sogenannten Perihel, zustrebte, wurde er für bodengebundene Teleskope durch die blendende Sonneneinstrahlung unsichtbar. Stattdessen nutzten Forscher Daten der Weltraumobservatorien SOHO, STEREO-A und GOES-19, um den Verlauf des Objekts zu verfolgen.
Die Auswertung dieser Daten zeigt nun ein dramatisches Phänomen: 3I/ATLAS hellte sich in kurzer Zeit so stark auf, dass seine Leuchtkraft alle bisherigen Beobachtungen zu bekannten Kometen übertraf.
Tatsächlich ist eine Helligkeitszunahme von Kometen bei der Annäherung an die Sonne zu erwarten, da ihr Eis zu sublimieren beginnt und Staub in den Weltraum geschleudert wird. 3I/ATLAS zeigt jedoch offenbar ein anderes Verhalten: eine rasch ansteigende und ungewöhnlich intensive Aktivität, begleitet von einer deutlich blauen Färbung – ein Hinweis auf eine starke Gasemission, die den Staubreflex überstrahlt.
„Unsere erste Analyse legt nahe, dass der Komet nach seiner Sonnenpassage deutlich heller wieder auftauchen wird, als er hineingegangen ist“, so die Autoren und Autorinnen der Studie. Das Team schätzt eine scheinbare Helligkeit von etwa 9 mag bei Perihel, was darauf hindeutet, dass stark leuchtende Gasemissionen das Phänomen antreiben könnten.
Hintergrund: Non-gravitative Beschleunigung
Zum Zeitpunkt des Perhiels zeigte 3I/ATLAS eine nicht von der Schwerkraft der Sonne hervorgerufene (non-gravitative) Beschleunigung. Diese von Davide Farnoccia vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) ermittelte Beschleunigung an sich ist jedoch kein ungewöhnliches Merkmal eines Kometen. Zwar könnte eine solche Beschleunigung (rein theoretisch) auch ein Hinweis auf einen künstlichen Antrieb sein, doch auch und gerade Kometen entwickeln durch die Verdampfung und Ausgasung gerade in Sonnennähe eine non-gravitative Beschleunigung. Der Harvard-Astronom Prof. Avi Loeb, sieht anhand von 3I/ATLAS statt eines Kometen, Anzeichen für einen künstlichen Antrieb und damit dafür, dass es sich bei dem Objekt um ein technisches Rauschiff oder Sonde handelt. Sollte die nun nachgewiesene Beschleunigung auf natürlicher Ausgasung durch die Sonnenhitze zurückzuführen sein, so müsste 3I/ATLAS auf diese Weise rund ein Zehntel seiner Masse verlieren würde, erläutert Loeb via „Medium.com“. „Ein derart massiver Massenverlust sollte in den kommenden Monaten — November und Dezember 2025 — als ausgedehnte Gasfahne um 3I/ATLAS nachweisbar sein.“ Dann sollte die ESA-Raumsonde „JUICE“ vorraussichtlich als erstes Instrument einen massiven Massenverlust von 3I/ATLAS registrieren. Später, am 19. Dezember 2025, erreicht der interstellare Komet seine größte Erdnähe bei einer Distanz von rund 269 Millionen Kilometern. Zu diesem Zeitpunkt werden Hunderte erdgebundene Teleskope sowie die Weltraumteleskope Hubble und James Webb die besten Beobachtungsmöglichkeiten haben. „Die massive Verdampfung von 3I/ATLAS könnte die Ursache für seine ungewöhnliche Helligkeitszunahme sein.„Alternativ könnte die nicht-gravitative Beschleunigung eine technologische Signatur – also das Anzeichen eines internen Antriebs – darstellen. Dies könnte auch den Bericht erklären, wonach 3I/ATLAS eine bläulichere Färbung als die Sonne zeigt. Für einen natürlichen Kometen ist diese intensive Blaufärbung höchst ungewöhnlich: Normalerweise streut Kometenstaub das Sonnenlicht so, dass es rötlicher erscheint. Zudem liegt die Oberflächentemperatur von 3I/ATLAS schätzungsweise um den Faktor 20 unter den rund 5.800 Kelvin der Sonnenphotosphäre – was eigentlich ebenfalls zu einem rötlicheren Erscheinungsbild führen sollte.
Das bläuliche Aussehen des Kometen am sonnennächsten Punkt stellt somit bereits die neunte dokumentierte Anomalie in der wachsenden Liste unerwarteter Eigenschaften von 3I/ATLAS dar. Diese könnte theoretisch durch einen heißen Antrieb oder eine künstliche Lichtquelle verursacht sein – wahrscheinlicher jedoch ist, dass die Farbe auf ionisiertes Kohlenmonoxid zurückgeht, das bei natürlichen Kometenprozessen auftreten kann.“
Rätselhafte Zusammensetzung
Die Ursache für das abrupte Aufleuchten bleibt bislang unbekannt, allerdings diskutieren die Forscher diskutieren mehrere mögliche Erklärungen: Eine Hypothese geht davon aus, dass eine massive Gasfreisetzung – möglicherweise durch die plötzliche Erwärmung flüchtiger Stoffe – zu einer explosionsartigen Aktivität führte. Das beobachtete blaue Licht könnte von angeregten Kohlenstoffmolekülen stammen, die durch intensive Sonnenstrahlung zum Leuchten gebracht wurden.
Eine andere Möglichkeit ist die ungewöhnliche chemische Zusammensetzung des interstellaren Objekts. Im Gegensatz jedoch zu typischen Kometen unseres Sonnensystems scheint 3I/ATLAS einen höheren Anteil an Kohlendioxid, flüchtigen Eisverbindungen und ungewöhnlichen Metallen zu besitzen. Diese exotische Mischung könnte denn auch erklären, warum sich seine Aktivität so stark von bekannten Mustern unterscheidet.
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Da 3I/ATLAS aus einem anderen Sternsystem stammt, bietet er Forschern einen direkten Blick in die chemischen und physikalischen Prozesse dieses fremden Planetensystems. Er könnte Hinweise darauf liefern, wie sich Kometen – und damit auch wasser- oder kohlenstoffreiche Bausteine des Lebens – in anderen Teilen der Galaxis bilden.
Weitere Beobachtungen folgen
Noch ist unklar, ob der Komet die Sonnenpassage unbeschadet überstanden hat. In den kommenden Wochen wird er sich jedoch wieder von der Sonne entfernen, wodurch bodenbasierte Teleskope seine Aktivität erneut aufnehmen können. Astronomen hoffen, dann die Entwicklung seiner Helligkeit und die chemischen Signaturen seiner Gase genauer analysieren zu können.
Die Forscher betonen, dass 3I/ATLAS eine einzigartige Gelegenheit bietet, interstellare Materie direkt zu untersuchen, die nicht aus unserem Sonnensystem stammt. Sollte sich bestätigen, dass seine plötzliche Aktivität auf ungewöhnliche chemische Prozesse zurückgeht, könnte dies unser Verständnis darüber, wie sich Kometen und Planetensysteme jenseits der Sonne bilden, grundlegend verändern.
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Recherchequellen: ArXiv.org, Medium.com, NASA
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