Wiederholt sich Geschichte? Ein Rückblick auf das politische Interesse an unidentifizierten Flugobjekten in den USA in den 1960er Jahren
Spätestens seit der Enthüllung eines UFO-Forschungsprogramms des US-Pentagons und der Veröffentlichung von bislang drei offiziellen UFO-Videos der US-Navy durch die international angesehene „New York Times“ hat sich nicht nur die Art und Weise, wie selbst die großen US-Medien über das UFO-Thema berichten grundlegend geändert – durch die seriöse Berichterstattung entstand auch ein politisches Interesse daran, was US-Piloten und Radaroperateure über dem eigentlich von den eigenen Streitkräften kontrollierten Luftraum sehen und bis heute nicht identifizieren können. Dieses militärische wie politische Interesse gipfelte jüngst nicht nur in der Einrichtung einer neuen „UFO Task Force“ des Pentagons zur Untersuchung dieser Vorfälle (…GreWi berichtete), sondern auch in der Forderung eines US-Senatsausschusses zur Erarbeitung eines „UFO-Dossiers“ durch Institutionen des US-Militärs und der Geheimdienste (…GreWi berichtete). Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass die US-Politik bis hinein in die Senats- und Kongresskammern am UFO-Thema Interesse zeigen. Der US-amerikanische UFO-Forscher und Informationsfreiheitsaktivist John Greenewald Jr. blickt in seinem folgenden Gastbeitrag auf die historischen Ereignisse und vergleicht das aktuell wiedererwachte politische Interesse am Thema in den USA mit jenem der 1960er Jahre.
– Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag von John Greenewald, Jr., dem Herausgeber von „TheBlackVault.com“, der dort am 18. August 2020 erstmals im englischsprachigen Original veröffentlicht wurde. Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) bedankt sich bei dem Autor für die freundliche Genehmigung zur Übersetzung und Veröffentlichung.
Derzeit staunt die Welt darüber, dass der Senat der Vereinigten Staaten, in Form des Senate Select Committee on Intelligence (Anm. GreWi: …jener Senatsausschuss also, der für die Aufsicht der Legislative über die US-Geheimdienste verantwortlich ist) unter Vorsitz von Senator Marco Rubio, einen öffentlichen UFO-Bericht fordert, der von der Intelligence Community (IC) erstellt werden soll. Darüber hinaus hat das Verteidigungsministerium (DOD) kürzlich eine „UAP Task Force“ (UAPTF) eingerichtet, die unidentifizierte Objekte untersuchen soll, wenn diese in US-militärische Einrichtungen eindringen.
All diese Bemühungen sind ein spannender Schritt in Richtung Transparenz in Bezug auf ein Thema, das die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten fasziniert, das aber häufig in Geheimhaltungs- und Verschwörungsvorwürfen mündet.
Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass der US-Kongress Interesse an UFOs hat. Tatsächlich ist dies schon früher auf nahezu identische Weise passiert. Kann auch die sich derzeit entfaltende Saga auf die gleiche Weise enden wie die Bemühungen in den 1960er Jahren? Befürworter einer Offenlegung des UFO-Wissens der USA hoffen, dass dies nicht der Fall sein wird.
Die damaligen UFO-Forschungsprogramme
Bereits 1947 hatte das US-Militär das erste einer Trilogie von UFO-bezogenen Forschungsprogrammen begonnen. Beginnend mit „Project Sign“, gefolgt von „Project Grudge“ und endend mit „Project Blue Book“ im Jahr 1969, untersuchten die drei Projekte gemeinsam 12.618 UFO-Fälle innerhalb der zweiundzwanzig Jahre, in denen sieliefen. Im Ergebnis stellten sie fest, dass davon „nur“ 701 (Anm. GreWi: …die berühmten „5 Prozent“) unidentifiziert bzw. unbekannt blieben.
Obwohl diese Statistiken zu Recht heftig umstritten sind, hat dies den damaligen Minderheitsführer der republikanischen Partei im US-Repräsentantenhaus, damaliger Gouverneur des Bundesstaates Michigan (…und spätere, 38. US-Präsident) Gerald Ford nicht davon abgehalten, auf Antworten zu den UFO-Phänomenen zu drängen.
Das Interesse des US-Kongresses
Am 28. März 1966 schrieb Ford einen Brief an die Ausschüsse für Streitkräfte, Wissenschaft und Astronautik und empfahl beiden Ausschüssen darin dringend, UFOs zu untersuchen und Antworten zu finden.
„Zweifellos haben Sie die jüngste Flut von Zeitungsartikeln über nicht identifizierte Flugobjekte (UFOs) bemerkt. Ich habe mich besonders für diese Berichte interessiert, weil viele der zuletzt gemeldeten Sichtungen in meinem Heimatstaat Michigan stattgefunden haben “, eröffnete Ford seinen Brief und fuhr dann fort:
„In der festen Überzeugung, dass die amerikanische Öffentlichkeit eine bessere Erklärung verdient als die bisherige der Luftwaffe, empfehle ich nachdrücklich, dass das UFO-Phänomen vom Komitee untersucht wird.“
Dann, nur wenige Tage später, am 3. April 1966, gab Ford eine Erklärung über den Spott ab, den er ertrug (s. Abb. l.), nachdem er auf UFO-Transparenz gedrängt hatte, hauptsächlich aufgrund des Stigmas, das das Problem umgab.
Das UFO-Stigma
„Wie ich erwartet hatte, haben einige Personen meine Forderung nach einer Kongressuntersuchung unidentifizierter Flugobjekte (UFOs) verspottet. Diese Leute sind ein Bruchteil derer, die auf meinen Vorschlag reagiert haben “, schrieb Ford. „Diejenigen, die sich über die Idee einer Kongressuntersuchung zu UFOs lustig machen, wissen offenbar nicht, dass das House Armed Services Committee eine Anhörung zu diesem Thema am Dienstag geplant hat …“
(Anm. GreWi: Dieser ständige Ausschuss des US-Repräsentantenhauses entscheidet über die Verwendung des Budgets über die allgemeine Zuteilung hinaus und kontrolliert die Aktivitäten der Streitkräfte.)
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Wie Ford in seiner Erklärung angedeutet hatte, hatte das „House Committee on Armed Services“ aber genau so gehandelt, wie er es versprochen hatte: Das Komitee trat am 5. April 1966 um 10:35 Uhr zusammen. Anwesend waren Dr. J. Allen Hynek, wissenschaftlicher Chefberater von „Project Blue Book“, zusammen mit Major Hector Quintanilla, dem aktiven Chief Officer von „Project Blue Book“. Darüber hinaus wurden mehrere Aussagen, Dokumente und Zeitungsartikel in das Protokoll aufgenommen, zusätzlich zu zahlreichen UFO-Berichten von Polizisten, Militärpersonal und dem oben genannten Brief von Ford.
Nach Anhörung der Zeugen und Einsicht in die Ergebnisse der zum Zeitpunkt der Anhörung mehr als 10.000 untersuchten Fälle, kam der Ausschuss zu dem Schluss, dass ein Bericht erstellt werden müsse. „Nach Ansicht des Komitees ist das derzeitige Luftwaffenprogramm, das sich mit UFO-Sichtungen befasst, gut organisiert, obwohl die ihm zugewiesenen Ressourcen (nur ein Offizier, ein Sergeant und ein Sekretär) recht begrenzt sind“, schloss das Komitee, und empfahlen der Luftwaffe weiterhin, Verträge mit ausgewählten Universitäten auszuhandeln, um die Daten mit wissenschaftlichen Teams zu analysieren und vielversprechende Fälle zu untersuchen.
Ein öffentlicher UFO-Bericht
Wie vom Ausschuss ebenfalls empfohlen, sollte der Bericht zu den Untersuchungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: „Die Berichte von ‚Project Blue Book‘ sollten unter prominenten Mitgliedern des Kongresses und anderen öffentlichen Personen unaufgefordert verbreitet werden, um so das Verständnis der Öffentlichkeit für den wissenschaftlichen Ansatz der Luftwaffe im Umgang mit dem UFO-Phänomen zu verbessern.
Innerhalb weniger Wochen hatte Ford sein Ziel erreicht, einen Bericht und eine wissenschaftliche Analyse der damals verfügbaren UFO-Daten zu erhalten. In einer Pressemitteilung vom 21. April 1966 erklärte er: „Die Luftwaffe hat mir mitgeteilt, dass sie eine Studie hochkarätiger Wissenschaftler über einige der UFO-Sichtungen veranlasst, die nie erklärt wurden. Der Bericht wird definitiv veröffentlicht, hat mir die Luftwaffe versichert. “
Ford erklärte auch, er hätte eine vollständige Anhörung mit Zeugen vor dem Ausschuss vorgezogen, meinte jedoch, eine derart wissenschaftliche Analyse sei der „Schritt in die richtige Richtung“.
Am 7. Oktober 1966 veröffentlichte die Luftwaffe in einer Presseerklärung, dass die Universität von Colorado die unabhängige Studie über UFOs durchführen werde. Der Leiter der Studie war Dr. Edward Condon, dessen Name dazu beitragen würde, sein Komitee und später den von ihnen erstellten Bericht zu identifizieren.
Das Condon-Komitee
Das „Condon-Komitee“ bewertete das Bedrohungspotential hinter den vorliegen UFO-Sichtungen und ob diese die natonale Sicherheit bedrohen würden – oder ob nicht.
Zwei Jahre lang untersuchten das Komitee die Beweislage. Ihre Schlussfolgerung war, dass es weder eine Bedrohung noch einen Grund gab, die UFO-Ermittlungen fortzusetzen. Diese gesamte Anstrengung führte Ende 1969 zum offiziellen Abschluss von „Blue Book“, das dann im Januar 1970 offiziell beendet wurde). Der „Condon-Report“ wurde in der Folge Jahrzehntelang als Grund dafür angeführt, dass UFOs offiziell nicht ernst genommen wurden.
Vom Projekt Blue Book zu AATIP
Wiederholt sich derzeit also die Geschichte? Obwohl immer noch umstritten ist, ob das (2017 von der New York Times enthüllte, geheime) „Advanced Aerospace Threat Identification Program“ (AATIP) tatsächlich eine direkte „UFO-Studie“ war, die dem Project Blue Book ähnelt, wollen wir für einen Moment annehmen, dass dies der Fall ist und eine solche nun als UAPTF (Unidentified Aerial Phenomena Task Force des US-Pentagon) fortgeführt wird und dass…
– Die von AATIP durchgeführten Studien die vor Jahrzehnten von Project Blue Book durchgeführten Studien widerspiegeln
– Die militärischen Zeugen der USS Nimitz-Begegnungen von 2004; Die Begegnungen der USS Roosevelt 2015 und andere von der AATIP buntersuchte Sichtungen und Begegnungen jene militärischen UFO-Begegnungen widerspiegeln, die in der Anhörung des Kongresses zu UFOs von 1966 im Rahmen des Project Blue Book angesprochen wurden.
– Das Stigma, welches das Thema in den 1960er Jahren umgab und dazu führte, dass auch Ford lächerlich gemacht wurde, weil er auf eine UFO-Anhörung drängte, jenes „Stigma“ widerspiegelt, auf das Luis Elizondo (der von sich sagt, er habe die AATIP-Bemühungen innerhalb des Pentagons geführt) oft Bezug nimmt.
– Die Aufnahme der Universität von Colorado im Jahr 1966, gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Team zur Erstellung eines öffentlichen Berichts auf der Grundlage von UFO-Daten, nahezu identisch mit der Geschichte ist, die der heutige Kongress auf einen öffentlichen Bericht der Geheimdienste drängt.
Wie geht es weiter? Wird die sich derzeit entwickelnden Situation genauso enden wie in den 1960er Jahren?
Die Bemühungen, das Interesse des Kongresses am UFO-Thema zu erreichen, sollten gelobt und begrüßt werden. Schließlich sind Jahrzehnte vergangen, seit derartiges zuletzt gelungen war und es ist auch nicht zu übersehen, dass auch die breite Öffentlichkeit die Wahrheit wissen will.
Was viele jedoch vergessen, ist, dass die US-Regierung in der Vergangenheit diese Wahrheit nicht Kund geben wollte – zumindest nicht alles. Diese Feststellung lässt sich durch unzählige noch klassifizierte Informationen zum UFO-Thema belegen, die der Öffentlichkeit noch nicht vollständig offengelegt wurden. Trotz des gegenwärtigen Interesses des Kongresses wird man sich auf genau die Institution verlassen, die die Geheimhaltung der UFOs angeführt hat: die Gemeinschaft der US Geheimdienste selbst.
Wird sich die Geschichte also wiederholen? Wird dem Kongress ein dem „Condon-Report“ ähnliches Dokument vorgelegt werden, das dann wieder jahrzehntelang benutzt wird, zu erklären, warum es KEINEN Grund gebe, UFOs zu untersuchen oder ernst zu nehmen?
Nur die Zeit wird zeigen, wie sich dieses nächste Kapitel entwickeln wird und ob sich der nun angeforderte öffentliche Bericht über das UFO-Wissen von US-Militär und Geheimdiensten als vorteilhaft für ein besseres Verständnis der Öffentlichkeit zum Thema erweisen wird. Oder, ob sich auch hier die Geschichte wiederholt. Dann kann der sich Bericht auch als Stütze der Geheimhaltung für die kommenden 50 Jahre erweisen, genau wie der „Condon-Report“.
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Quelle: TheBlackVault.com
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