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Spuren im Meeresboden belegen komplexes Leben schon Millionen Jahre vor der Kambrischen Explosion

London (Großbritannien) – Die sogenannte Kambrische Explosion, also das nahezu zeitgleiche vermeintlich erstmalige Vorkommen von Vertretern fast aller heutigen Tierstämme in einem erstaunlich kleinen Zeitraum von weniger als 10 Millionen Jahren vor rund 541 Millionen Jahren, gilt als Meilenstein in der Geschichte des Lebens auf der Erde. Eine neue Analyse von Spurenfossilien zeigt nun jedoch, dass schon vor deutlich mehr als einer halben Milliarde Jahren Tiere lebten, die sich fortbewegten.

Kriechspuren wie diese Psammichnites-Spurenfossilien stammen von Tieren, die schon vor mehr als einer halben Milliarde Jahren lebten und sich bereits bewegten.Copyright: Ziwei Zhao und Dr. Xiaoya Ma
Kriechspuren wie diese Psammichnites-Spurenfossilien stammen von Tieren, die schon vor mehr als einer halben Milliarde Jahren lebten und sich bereits bewegten.
Copyright: Ziwei Zhao und Dr. Xiaoya Ma

Wie das Team um Dr. Zekun Wang vom Natural History Museum in London aktuell in zwei Fachartikeln in den Fachzeitschriften „Proceedings of the Royal Society B“ und (DOI: 10.1098/rspb.2025.0889) und „Geology“ (DOI, 10.1130/G53332.1) berichtet, deuten die Ergebnisse daraufhin, dass viele der grundlegenden Merkmale jener Lebewesen, die diese Spuren einst hinterlassen haben, bereits einige Millionen Jahre vor der Kambrischen Artenexplosion, während der sogenannten späten Ediacara-Zeit, existierten. Demnach wäre die Kambrische Explosion möglicherweise weniger ein evolutionärer „Urknall“, sondern eher eine Art letztes Aufblühen.

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Leben in der Ediacara-Zeit

Die Ediacara-Zeit dauerte fast 100 Millionen Jahre – von etwa 635 bis 539 Millionen Jahren vor heute. In dieser Zeit entwickelte sich das Leben auf der Erde von einfachen Zellkolonien zu komplexeren Organismen mit spezialisierten Geweben.

Während einige widerstandsfähige Organismen bereits das Land besiedelten, lebten Pflanzen und Tiere ausschließlich im Meer. Das Sediment am Meeresboden konservierte gelegentlich einige dieser weichkörperigen Tiere und bewahrte Arten wie Kimberella und Dickinsonia als Körperfossilien.

Die meisten beweglichen Tiere der sogenannten Ediacara-Biota sind jedoch nur durch ihre Spuren bekannt. Frühere Spuren sind meist einfache, horizontale Schleifspuren und Gänge, doch gegen Ende der Epoche werden sie zunehmend komplexer.

Zwar war schon zuvor bekannt, dass auch schon vor der Kambrischen Explosion Tiere existierten, doch lassen diese sich nur schwer erforschen, da sie sich selten fossil erhalten haben. Meist bleiben nur Spurenfossilien zurück, also wie Abdrücke, Kriechspuren und Gänge im Sediment.

Wie Wang und Kollegen berichten, verraten aber schon diese Spuren einiges über die Tiere, die sie hinterließen: „Die Form eines Tieres lässt sich mit den Spuren verknüpfen, die es hinterlässt, und seine Bewegungsrichtung durch die Umgebung gibt Hinweise auf seine Sinnesfähigkeiten.“

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Was Spuren verraten

„Stellen Sie sich zum Beispiel eine Schlange vor“, erklärt Wang. „Auch wenn es diese Tiere im Kambrium noch nicht gab – eine Schlange hinterlässt aufgrund ihrer schlanken Körperform immer eine lange, kurvige Spur. Bestimmte enge Kurven kann eine solche Körperform gar nicht vollziehen, weil sie sich nur begrenzt biegen kann. Gibt es jedoch abrupte Richtungswechsel in einer Spur, muss sie von einem kürzeren, eher runden Körper hinterlassen worden sein. Wir können auch die Glätte einer Spur mit den Sinnesleistungen eines Tieres in Verbindung bringen. Tiere mit weitreichenden Sinnen können gezielt auf Nahrungsquellen zusteuern. Haben sie dagegen nur eingeschränkte Sinnesfähigkeiten, finden sie Nahrung nur zufällig, wenn sie zufällig darüber stolpern. Dann verlaufen ihre Spuren unregelmäßig und in gewissem Maß zufällig, da sie planlos umherwandern.“

Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Professor Gabriela Mángano, Professor Luis Buatois und Dr. Nianzhi Hang untersuchte Wang über 170 verschiedene Spurenfossilien aus dem Übergang zwischen Ediacarium und Kambrium. Dabei verglichen sie diese mit den Spuren heutiger Gliederfüßer, Schnecken und Würmer, um Erkenntnisse über das Leben vor über 540 Millionen Jahren zu gewinnen.

„Das Leben im Ediacarium war nicht mehr mikroskopisch klein, aber typischerweise nicht in der Lage, sich über den Meeresboden fortzubewegen“, führt Wang weiter aus. „Im Kambrium dagegen konnten Tiere den Meeresboden aktiv erkunden. Irgendetwas hat sich also grundlegend verändert. Die erhaltenen Spurenfossilien aus dieser Übergangszeit zeigen leider kaum anatomische Details.“

„Am Ende des Ediacariums beobachten wir nun anhand der Spuren eine deutliche Entwicklung hin zu fortgeschritteneren Sinnen, neuen Bewegungsformen sowie schlankeren Körperformen. Das ebnete den Weg für die kambrische Substratrevolution und die Kambrische Explosion.“

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„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Körperlänge der Tiere, die diese Spuren hinterließen, im Verlauf des Übergangs vom Ediacarium zum Kambrium allmählich zunahm – von eiförmigen Körpern hin zu länglichen, wurmartigen Formen“, so Wang abschließend.

Gemeinsam liefern die beiden Studien überzeugende Hinweise darauf, dass viele der Schlüsselfunktionen, die Tiere zum Überleben auf der Erde benötigten, bereits Millionen Jahre vor der Kambrischen Explosion entstanden. Diese Eigenschaften könnten es diesen Tieren ermöglicht haben, das Ende der Ediacara-Zeit zu überleben, als viele andere, einzigartige Arten vermutlich bei einem Massenaussterben verschwanden.

„Dadurch entstand gewissermaßen ein ‚Neuanfang‘, der es den Vorfahren moderner Tiere ermöglichte, sich während der Kambrischen Explosion weiterzuentwickeln – und damit das Fundament für das heutige Leben auf der Erde zu legen“, schließen die Forschenden.

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Recherchequelle: Natural History Museum, London

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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